scholz and art
Als Kurator und Autor versuche ich stets, überraschende und innovative Ansätze zu finden sowie ausgetretene Pfade zu verlassen. Und auch als Kunsthändler und Sammlungsberater ermuntere ich dazu, außergewöhnliche Werke von neu oder wieder zu entdeckenden Künstlerinnen und Künstlern zu erwerben. So wird eine Sammlung einzigartig und unterscheidet sich von standardisierten Sammlungen.
Ich verfolge bei der Auswahl der Objekte einen eher wissenschaftlichen Ansatz. Das bedeutet, dass ich zu den Werken und ihrer Provenienz, den Kunstschaffenden und den Dargestellten intensiv recherchiere und dabei auch negative Aspekte wie beispielsweise das Verhalten von Künstlerinnen und Künstlern während der Zeit des Nationalsozialismus nicht verschweige.
Jenseits einer rein ästhetischen Betrachtung und Anpreisung der angebotenen Arbeiten kommen hierdurch oftmals auch kulturhistorisch spannende Hintergrundgeschichten zum Vorschein, die es wert sind, erzählt zu werden, und die ein Kunstwerk vielleicht noch interessanter machen. Die Texte zu den Werken fallen daher manchmal etwas länger aus.
Die angebotenen Objekte werden nicht chronologisch gereiht, sondern sind derzeit vier Kategorien zugeordnet:
Kunst der Moderne / modern art
Verfolgte und als "entartet" diffamierte Kunstschaffende / persecuted and as "degenerate" defamed artists
Künstlerinnen / female artists
Kunst des 19. Jahrhunderts / 19th-century art
Bitte kontaktieren Sie mich gerne hinsichtlich Fragen zu Preisvorstellungen, zum Zustand und zur Provenienz der Werke. Als Ein-Mann-Betrieb freue ich mich ebenso jederzeit über weiterführende Hinweise, Korrekturen oder Kritiken zu den Objekten.
Friedrich von Amerling (attr.), Dora Arnd-Raschid, Georg Arnold-Graboné, Carola Baer-von Mathes, Johann Georg von Bemmel, Antal Berkes, Henry Carlton, Johann Anton Castell, Thomas Cook, David Cox d. Ä., Francis Danby, Georg Dehn, Josef Denzinger, Julius Diez, Auguste Döll, Carl Gottlob Ehrlich, Emma Eibler-Stobäus, Erno Erb, Anton Fink, Hans Ludwig Fischer-Nienburg, Wilhelm Heinrich Focke, Anthony Fogg, Josef Egon Frank, Franz Giessel, Karl Graf, Emilie von Hallavanya, Joseph Haynes, Robert Heling, Peter von Hess, Sara Johanne Rein Hornemann, Friedrich Horner, Armin Horovitz, Helen Iversen, Angelika Kauffmann, Albert von Keller, Emil Keyser, Franz Kreuzer, Max Kuhn, Paul Löffler, Hans Jakob Mann, Albert Maennchen, Grégoire Mathias, Sarah E. Melendy Wescott, Erich Mercker, Otto Miller-Diflo, Adolphe Monticelli, William Nutter, Max Oppenheimer, Peter Pohl, Friedrich Preller d. Ä., Marie Catherine Prestel, Marie Preußner, Leo Putz, Fritz Raupp, Karl Raupp, Bruno Reinhold, Leo Samberger, M. A. de Salvin, Eugenie von Schacky, Karl Scheld, Adolf Schill, Alexander Schindler, Eduard Schleich d. Ä., Hermann Schlittgen, Adolf Schmidt, Robert Friedrich Karl Scholtz, Wilhelm Schreyer, Liska Schroeder, Adolf Seel, Otto Seitz, Benjamin Smith, Willy Spatz, Albert Stagura, Friedrich Karl Steinhardt, Hedwig Marcella von Störck, Richard Strebel, Pauline Suhrlandt Soltau, Luke Sullivan, Gustav Adolf Thamm, Maximilian Trübe, Peter Trumm, Max Unold, Herman Vedel, Johanna Vogelsang, Friedrich Johann Voltz, Paul Weber, Josef Willroider, Ludwig Willroider, Curt Ziegra.
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Albert von Keller, Dichter und Muse (Inspiration), um 1895, Öl auf Holzplatte, signiert unten links und rechts je "ALBERT KELLER", 41 x 32 cm, unter Glas gerahmt.
Albert von Keller, Poet and Muse (Inspiration), c. 1895, oil on wood, signed lower left and right "ALBERT KELLER", 41 x 32 cm, framed under glass.
Der Schweizer Albert Keller (1844 Gais – 1920 München), ab 1898 Ritter von Keller, war einer der prominentesten Maler im München der Jahrhundertwende. Aus einem der ältesten Zürcher Patriziergeschlechter stammend und aufgewachsen in begüterten Verhältnissen in München, widmete er sich ab 1865 u. a. auf Anraten von Arthur von Ramberg (1819–1875), Professor an der Münchner Kunstakademie, als Autodidakt der Malerei. Er war Gründungsmitglied des Münchner Künstlervereins Allotria, Gründungsmitglied der Münchner Secession, der er von 1904 bis 1920 als stellvertretender Präsident vorstand, und der Freien Vereinigung der XXIV sowie Vorstandsmitglied des Deutschen Künstlerbundes.
Die Darstellung von Frauen – allein seine Ehefrau Irene Freiin von Eichthal (1858–1907) ist in mehr als 40 Werken zu sehen – prägt das gesamte Schaffen von Keller. Neben Porträts, die oftmals die wiedergegebenen mondänen Damen in lasziven Posen vor luxuriösen Hintergründen zeigen, sind diese auch eingebunden in Szenen aus dem Themenkreis des Okkulten, der Séancen und Geisterbeschwörungen, mit denen er außerordentlichen Erfolg hatte. Keller war Mitglied der Psychologischen Gesellschaft und bediente mit seinen Bildwelten aus dem Reich jenseits des rational Fassbaren, der (Alb-)Träume und des Mystisch-Übersinnlichen ein generelles Interesse der Münchner Bohème des Fin de Siècle.
Eine außergewöhnliche und verhältnismäßig kleine Werkgruppe im Schaffen Kellers bildet eine Reihe von Zeichnungen und Ölbildern aus den Jahren 1895 bis 1899, deren Thema er selbst mit „Dichter und Muse“ benennt und teilweise mit Anmerkungen versieht. Immer zeigen die Darstellungen einen am Tisch sitzenden Dichter mit aufgestütztem linken Arm und einem Stift in der rechten Hand, verzweifelt wartend auf Inspiration. Bisweilen nimmt ihn die Muse in Gestalt einer nackten Frau mit wallendem Haar in den Arm, manchmal führt sie dem Dichter den Schreibstift. Zumeist allerdings sitzt die leicht bekleidete Fantasie, wie sie Keller auf einer Zeichnung auch bezeichnet, dem Dichter am Tisch gegenüber und hält ihm einen Spiegel vor, womit sie ihn ermutigt, seine Eingebung in ihm selbst zu suchen und zu finden.
Vollkommen einzigartig jedoch ist das hier angebotene Gemälde. Vor einem dunklen Hintergrund ist auf der rechten Seite der Dichter sitzend an einem nur angeschnitten sichtbaren Tisch zu erkennen, in der rechten Hand hält er sein Schreibwerkzeug. Aus der Dunkelheit hervor tritt eine mit einem goldenen Lorbeerkranz bekrönte weibliche Figur, deren weiße Bekleidung, die an die damals populäre fernöstliche Mode erinnert, kaum die weiße Hautfarbe ihrer Brüste verdeckt. Während sie mit der rechten erhobenen Hand einen angedeuteten goldenen Krönungsstab hält, legt sie ihre linke Hand dem Dichter direkt auf den Kopf auf. Dadurch erweist sie sich nicht nur als die ersehnte Heilsbringerin für den Weg aus der schöpferischen Krise, sie spiegelt auch viel mehr als die anderen Darstellungen aus dem Themenkreis „Dichter und Muse“ Kellers Faible für das Okkulte, Séancenhafte und Mystisch-Übersinnliche wider.
Es ist eines der aufregendsten Bilder im Œuvre von Albert von Keller und bedeutet eine echte Neuentdeckung. Die durch die flackernde Lichtführung fast in Bewegung sich gerierende Muse, Inspiration oder Fantasie erinnert an Kellers Wiedergaben von Tänzerinnen – das Werk wurde in der Vergangenheit fälschlicherweise auch als „Indische Tänzerin“ angeboten – und abermals scheint Kellers Ehefrau Irene Modell gestanden zu haben. Das Gemälde ist versehen mit einem sehr aufwendigen und wertigen goldenen Rahmen aus der Zeit, der jedoch früher dem Bild eines anderen Künstlers zugehörig gewesen sein muss, worüber die Bezeichnungen auf der Rückseite des Rahmens Aufschluss geben.
Auf der Kunst der Moderne liegt ein Hauptschwerpunkt. Moderne wird dabei in einem weitreichenderen Sinne aufgefasst als die oftmals etwas engführende Begrifflichkeit der Klassischen Moderne. Ästhetisch meint dies daher alle innovativen Kunstströmungen um 1900. Der zeitliche Rahmen umfasst die Jahrzehnte ungefähr zwischen 1870 und 1930.
Leo Samberger, Porträt Julius Frank, 1898, Öl auf Holz, signiert unten rechts "Leo Samberger", 97 x 79.5 cm, gerahmt (Rahmen derzeit in Restaurierung), bezeichnet auf Rückseite u. a. „Leo Samberger fec“ und „biblischer Historienmaler Julius Frank“.
Leo Samberger, Portrait of Julius Frank, 1898, oil on wood, signed lower right "Leo Samberger", 97 x 79.5 cm, framed (frame currently being restored), inscribed (verso) i. a. „Leo Samberger fec“ and „biblischer Historienmaler Julius Frank“.
Leo Samberger (1861 Ingolstadt – 1949 München) war um 1900 ein sehr erfolgreicher Porträtmaler der Münchner High Society. Nach einem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München (1880–1887) bei Gyula Benczúr (1844–1920) und Wilhelm von Lindenschmit d. J. (1829–1895) arbeitete er als freischaffender Künstler, der in seiner Malweise vor 1900 vor allem vom Malerfürsten Franz von Lenbach (1836–1904) beeinflusst war. Nach der Jahrhundertwende fand Samberger zu seinem eigenen Stil, der mit der Öffnung hin zu einem skizzenhaften, brüchigen Ausdruck mit schnellen, getrennt gesetzten Pinselstrichen einhergeht. Der Duktus bleibt sichtbar und verleiht seinen Bildern oftmals eine aufgewühlte Struktur.
Zwar ist Samberger 1892 Gründungsmitglied der Münchner Secession und gerade in seiner Hauptschaffenszeit zwischen 1900 und dem Ersten Weltkrieg einer der bedeutendsten Münchner Maler, doch wird er heute – zu Unrecht – kaum noch als solcher wahrgenommen. Das mag auch seinen Grund darin finden, dass sein Spätwerk durch die mangelnde Distanzierung von den Nazis belastet ist. Zwar ist eine Mitgliedschaft in der NSDAP nicht belegt, jedoch unterzeichnete er – wie viele andere mitlaufende Münchner Maler – die Erklärung des Deutschen Künstlerbundes 1933 gegen den „Kunstbolschewismus“, die im Völkischen Beobachter veröffentlicht wurde, und war von 1937 bis 1943 auf allen Großen Deutschen Kunstausstellungen in München mit Werken vertreten. Zu diesen Bildern gehörten u. a. das Porträt des Generaldirektors Dr. Buchner, welches von Adolf Hitler für 3500 RM erworben wurde. 1944 schließlich wurde Samberger in die sog. „Gottbegnadeten-Liste“ der wichtigsten Künstler des NS-Regimes aufgenommen.
Dargestellt auf dem bis vor kurzem verschollenen Gemälde ist Julius Frank (1826–1908), der im späten 19. Jahrhundert durchaus gefragt war als religiöser Historienmaler. Schon während seines Studiums an der Akademie der Bildenden Künste in München (ab 1842) unter Claudius Schraudolph d. Ä. hatte sich diese Ausrichtung geformt. Er schuf Fresken für das Bayerische Nationalmuseum und für viele Kirchen und Kapellen im Deutschen Reich und in Österreich, sogar ebenso im englischen Stonyhurst College. Zudem wirkte er an der Ausmalung von Schloss Neuschwanstein mit. Er war prominentes und sehr aktives Mitglied mehrerer christlicher und künstlerischer Vereine in München. Hyacinth Holland widmete Frank nach dem Tod des Malers bei einem Autounfall in der Zeitschrift Die Christliche Kunst (4.1907/08) einen ausführlichen Nachruf, der auch Sambergers Porträt erwähnt und abbildet (S. 241). Sambergers Gemälde zeigt Frank halbfigurig, sitzend, als alten, vom Leben gezeichneten Mann mit langem weißen Bart und hohem runden Schlapphut – als Charakterkopf. Insgesamt ist die Farbigkeit sehr dunkel gehalten.
Das Gemälde wurde 1926 bei Hugo Helbing (1863–1938) in Frankfurt am Main in der Auktion „Ölgemälde, Handzeichnungen und Aquarelle moderner Meister aus einer süddeutschen Privatsammlung“ (Los 25; Tafel 8) für 850 Reichsmark an den Kunsthändler Eugen Georg Caspari (1878–1930) veräußert (bezeichnet „EC“ auf der Tafelrückseite), der in München im Palais Eichthal die Galerie Caspari betrieb. Beide waren jüdischer Herkunft. Während Caspari durch einen tödlichen Autounfall 1930 die NS-Zeit nicht mehr erleben musste, erlag Helbing 1938 den in der Progromnacht erlittenen schweren Misshandlungen bei seiner Verhaftung. Nach dem Tod Eugen Casparis führte seine Frau Anna (geb. Aniela Julia Naphtali; 1900–1941), ebenfalls jüdischer Herkunft, die Galerie zunächst weiter, geriet jedoch immer mehr in wirtschaftliche Schwierigkeiten und unter den Druck der Nazis, sodass die Galerie 1939 aufgelöst wurde. Sie starb 1941 nach der Deportation in das Ghetto Kaunas. Der weitere Verbleib des Gemäldes ist derzeit noch ungeklärt.
Leo Samberger, Dante-Kopf im Profil, um 1920/30, Öl auf Holzplatte, signiert unten links "Leo Samberger", 33.8 x 27.8 cm, gerahmt (47 x 41.5 cm).
Leo Samberger, Head of Dante in Profile, c. 1920/30, oil on panel, signed lower left "Leo Samberger", 33.8 x 27.8 cm, framed (47 x 41.5 cm).
Leo Samberger (1861 Ingolstadt – 1949 München) war um 1900 ein sehr erfolgreicher Porträtmaler der Münchner High Society. Nach einem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München (1880-1887) bei Gyula Benczúr (1844–1920) und Wilhelm von Lindenschmit d. J. (1829–1895) arbeitete er als freischaffender Künstler, der in seiner Malweise vor 1900 vor allem vom Malerfürsten Franz von Lenbach beeinflusst war. Nach der Jahrhundertwende fand Samberger zu seinem eigenen Stil, der mit der Öffnung hin zu einem skizzenhaften, brüchigen Ausdruck mit schnellen, getrennt gesetzten Pinselstrichen einhergeht. Der Duktus bleibt sichtbar und verleiht seinen Bildern oftmals eine aufgewühlte Struktur.
Ein wunderbares Beispiel hierfür ist dieses Gemälde, das von Sambergers intensiver Beschäftigung mit dem italienischen Dichter und Gelehrten Dante Alighieri (1265–1321) zeugt und sich einreiht in eine Gruppe von mehr als ein Dutzend Ölbilder und Zeichnungen aus den 1920er und 1930er Jahren. Übergeordneter Anlass mag vielleicht das Dante-Jubiläum 1921 zum 600. Todestag gewesen sein, mit dem in Deutschland eine Renaissance der Auseinandersetzung mit dem italienischen Dichter einsetzt und daher wichtig für die Entwicklung des Faches Romanistik ist. Vor allem aber steht die charismatische Gestalt Dantes, die durch die Referenz an historische Darstellungen mittels der Profilansicht noch gesteigert wird, für Sambergers lebenslange Suche nach Idealbildnissen männlicher Charakterköpfe. Gerade für seine männlichen Porträts und Charakterstudien war Samberger zu Lebzeiten berühmt geworden, wobei seine einzigartige Formensprache, Malweise und Lichtführung nicht nur für den Effekt der Dramatisierung steht, sondern auch Ausdruck seines sperrigen, asketischen, eigenwilligen Temperaments ist.
Zwar ist Samberger 1892 Gründungsmitglied der Münchner Secession und gerade in seiner Hauptschaffenszeit zwischen 1900 und dem Ersten Weltkrieg einer der bedeutendsten Münchner Maler, doch wird er heute – zu Unrecht – kaum noch als solcher wahrgenommen. Das mag auch seinen Grund darin finden, dass sein Spätwerk durch die mangelnde Distanzierung von den Nazis belastet ist. Zwar ist eine Mitgliedschaft in der NSDAP nicht belegt, jedoch unterzeichnete er – wie viele andere mitlaufende Münchner Maler – die Erklärung des Deutschen Künstlerbundes 1933 gegen den „Kunstbolschewismus“, die im Völkischen Beobachter veröffentlicht wurde, und war von 1937 bis 1943 auf allen Großen Deutschen Kunstausstellungen in München mit Werken vertreten. Zu diesen Bildern gehörten u. a. die Porträts von Reichsstatthalter Ritter von Epp und des Generaldirektors Dr. Buchner, welches von Adolf Hitler für 3500 RM erworben wurde. 1944 schließlich wurde Samberger in die sog. „Gottbegnadeten-Liste“ der wichtigsten Künstler des NS-Regimes aufgenommen.
Das Gemälde stammt aus der Sammlung des Rechtsgelehrten Prof. Dr. Hans Constantin Faußner in München.
Gustav Adolf Thamm, Frühling in Böhmen (Kundratitz), um 1900, Öl auf kaschierter Malpappe, signiert unten links "A. Thamm", 39 x 51 cm, gerahmt, bezeichnet handschriftlich auf Etikett auf Rückseite „Adolf Thamm. Dresden. Blasewitzerstr. 4 / Frühling in Böhmen. / 1859–1925“ sowie diverse Auktionshinweise.
Gustav Adolf Thamm, Spring in Bohemia (Kundratitz), c. 1900, oil on canvas mounted on cardboard, signed lower left "A. Thamm", 33 x 43.3 cm, framed, inscribed (verso) i. a. “Adolf Thamm. Dresden. Blasewitzerstr. 4 / Frühling in Böhmen. / 1859–1925“.
Der Landschaftsmaler Gustav Adolf Thamm (1859 Dresden – 1925 Dresden) studierte zunächst 1879–83 an der Kunstakademie in Dresden bei Paul Mohn (1842–1911), viel entscheidender waren jedoch die Jahre 1883–87 als Meisterschüler von Theodor Hagen (1842–1919) in Weimar. Als prägende Persönlichkeit für die von der Schule von Barbizon beeinflusste Weimarer Malerschule war Hagen höchstbedeutend für die Entwicklung hin zu einem „Deutschen Impressionismus“. In den 1890er Jahren unternahm Thamm zahlreiche Studienreisen durch Frankreich, Italien und der Schweiz und war zeitweise (1891–94) Mitglied des Deutschen Künstlervereins in Rom. Ab 1895 lehrte er an der Kunstakademie Dresden. Er war Mitglied der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft und Vorstandsmitglied der Dresdner Künstlergenossenschaft. Ein signifikanter Bestand an Werken Thamms befindet sich in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.
Die Prägung durch die wirklichkeitsorientierte Farb- und Lichtbehandlung der Weimarer Malerschule bei Gustav Adolf Thamm zeigt sich wunderbar in diesem farbenfrohen Frühlingsgemälde, das wohl in dem böhmischen Dorf Kundratitz (Kundratice, Tschechien) entstanden ist. Die leicht pastose Malerei mit ihren Farbtupfern gibt überzeugend die Impression der Lichtverhältnisse an diesem sonnigen Frühlingstag im baumbewachsenen Garten vor einem Bauernhaus wieder. Im Hintergrund zeichnen sich die Ausläufer der Böhmisch-Mährischen Höhe ab.
Das Gemälde wird durch eine breite schwarze Holzleiste gerahmt, die dem damaligen Zeitgeschmack entspricht und aus der Entstehungszeit des Werkes stammen könnte. Von der Popularität von Thamms Bild zeugt eine adaptierte Fassung als Reproduktion, die von der Deutschen Gemälde-Industrie Georgi & Co. (DEGI) vertrieben wurde.
Antal Berkes, Paris. Rue du Louvre am Abend, um 1910, Öl auf Malkarton, signiert unten rechts "ABerkes", 33 x 43.3 cm, gerahmt, bezeichnet auf Rückseite „Paris. Rue du Louvre“ sowie die Lebensdaten des Künstlers und diverse Auktionshinweise.
Antal Berkes, Paris. Rue du Louvre in the Evening, c. 1910, oil on cardboard, signed lower right "ABerkes", 33 x 43.3 cm, framed, inscribed (verso) i. a. “Paris. Rue du Louvre”.
Der ungarische Maler Antal Berkes (1874 Budapest – 1937 Budapest) ist bekannt für seine Spezialisierung auf Straßenszenen, vor allem aus Budapest, Wien und Paris. Er studierte von 1889 bis 1894 an der Ungarischen Akademie der Bildenden Künste bei József Feichtinger (1840–1907) und unternahm hernach diverse Studienreisen (u. a. München 1907), die ihn auch nach Paris führten. Berkes wurde vielfach ausgezeichnet, etwa mit einem staatlichen Stipendium 1904 und einer Bronzemedaille in London 1908. Ferner war er 1903 Gründungsmitglied des Nationalsalon (Nemzeti Szalon) in Budapest, einem Raum für Kunstausstellungen der Gesellschaft Ungarischer Künstler, die sich gegen die in der Kunsthalle Budapest propagierte konservative Kunst wandte.
Gerade der Aufenthalt in Paris scheint für sein Schaffen entscheidend gewesen zu sein, kam er hier doch mit der impressionistischen Malweise intensiv in Berührung und fand er in den Straßenzügen dieser pulsierenden Stadt der Moderne die Motive, mit denen er sich sein Leben lang immer wieder beschäftigte. Aus der Vielzahl an Gemälden Berkes sticht die hier angebotene Pariser Straßenszene in Qualität, Farbwahl und Atmosphäre deutlich hervor. Vor einem vielleicht die dunstige Luft eines verregneten Winterabends andeutenden olivgrünen Himmel tauchen schemenhaft eine Vielzahl an Personen und Kutschen auf. Mit pastosen Pinselstrichen werden die Reflexionen der hell erleuchteten Schaufenster in der Rue du Louvre wiedergegeben, die im Zuge der radikalen Umgestaltungen der Pariser Boulevards durch Georges-Eugène Haussmann (1809–1891) im Zweiten Kaiserreich neu angelegt worden war und damals für den Rausch der Moderne stand. Das Gemälde gehört sicherlich zu den besten Arbeiten von Antal Berkes und wird eingefasst durch einen schönen, stilistisch passenden Rahmen.
Julius Diez, Don Quijote de la Mancha, 1921, Öl auf Holz, ca. 99.5 x 7.5 cm, signiert unten links "IVL DIEZ 1921“, gerahmt (114 x 92 cm).
Julius Diez, Don Quijote de la Mancha, 1921, oil on wood, signed lower left "IVL DIEZ 1921", framed (114 x 92 cm).
Julius Diez (1870 Nürnberg – 1957 München), Neffe des berühmten Malers und einflussreichen Professors an der Münchner Kunstakademie Wilhelm von Diez (1839–1907), war einer der Hauptillustratoren der Zeitschrift Jugend und ein äußerst vielseitiger Künstler, der sich neben der Malerei und Grafik auch den Bereichen Kunstgewerbe, Mosaik, Medaillen und Buchkunst widmete. Er studierte an der Kunstgewerbeschule und an der Akademie der Bildenden Künste in München u. a. bei Gabriel von Hackl (1843–1926). An beiden Einrichtungen lehrte er später selbst als Professor, an der Akademie fungierte er sogar als deren zweiter Präsident. Er war Präsident der Münchner Secession und Mitglied im Deutschen Künstlerbund.
Diez gehört zu den Künstlern, die sich zu Lebzeiten größter Beliebtheit erfreuten, die heute jedoch etwas in Vergessenheit geraten sind. Das mag weniger mit seinem Mitläufertum während der Zeit des Nationalsozialismus zu tun haben – er stellte auf den Großen Deutschen Kunstausstellungen aus, wo 1939 Adolf Hitler das Bild Genoveva erwarb –, schließlich trifft dies auf fast alle damals noch lebenden Maler der Münchner Schule zu. Vielmehr hat sich die Beschäftigung mit den deutschsprachigen Kunst- und Satirezeitschriften der Jahrhundertwende und das Sammeln der zeichnerischen Entwürfe erst in den letzten Jahrzehnten wieder etabliert. Diez war hier eine prägende Figur, die definitiv mehr gewürdigt werden sollte.
Das hier angebotene Gemälde ist das Hauptwerk einer Gruppe von Arbeiten von Diez, die Szenen aus Miguel de Cervantes‘ weltberühmten Roman Der sinnreiche Edelmann Don Quijote von der Mancha (1605/15) zum Thema haben und sein generelles Interesse an mythologisch-symbolistischen Inhalten widerspiegeln. Dem sehr großen Gemälde geht ein 1911 geschaffenes (und 2022 im Dorotheum auktioniertes) Aquarell voraus, das 1913 in der Zeitschrift Jugend mit dem Titel Don Quijote großformatig abgebildet wurde. Unser späteres Werk unterscheidet sich von dem farbenfroheren Aquarell in einigen Punkten. So sind Don Quijote und sein Schildknappe Sancho Panza als alte Greise dargestellt, die Stadt in den Wolken, die sie meinen zu erblicken, erscheint viel schemenhafter und die Ebene zu ihren Füßen ist noch karger an Vegetation, während im Hintergrund nun eine verlassene Burganlage oder eine Felsformation erkennbar ist.
Vor allem aber ist es die fast schon monochrome hellblaue Farbigkeit, die das Gemälde zu einem sphärischen Traumgebilde macht, bei dem Himmel und Erde ineinander amalgamieren, ganz der Visionshaftigkeit des Trugbildes der beiden Alten verpflichtet. Ist Julius Diez in seiner Malerei vor allem von Arnold Böcklin (1827–1901) beeinflusst, so ist dieser ätherische Anti-Farbrausch doch Ausdruck einer ganz eigenständigen Formen- und Farbwelt.
Wilhelm Heinrich Focke, Rudernder Junge auf der Wümme, um 1910, Öl auf Karton, ca. 34 x 27 cm, unsigniert, ungerahmt.
Das Bild wurde aufwendig in Museumsqualität mit einem neuen Passepartout (70 x 50 cm) der Firma HALBE ausgestattet. Ein passender Rahmen mit Museumsglas (entspiegelt, sehr hoher UV-Schutz, antistatisch, abriebbeständig) der Firma HALBE kann auf Wunsch beschafft werden.
Wilhelm Heinrich Focke, Rowing Boy on the River Wümme, c. 1910, oil on cardboard, c. 34 x 27 cm, unsigned, unframed.
The picture was provided – in museum quality – with a new passe-partout (70 x 50 cm) of the company HALBE. A fitting frame – in museum quality – with museum glass (anti-reflective, very high UV protection, anti-static, abrasion resistant) of the company HALBE can be provided on request.
Wilhelm Heinrich Focke (1878 Bremen – 1974 Bremen) ist eine der spannendsten und bedeutendsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts in Deutschland und ist doch heute einer breiten Öffentlichkeit kaum noch bekannt. In nahezu leonardesker Manier hat er als Maler, Bildhauer, Flugzeugpionier, Erfinder, Dichter und Mitbegründer des FC Bayern München herausragende Spuren hinterlassen (siehe ausführlicher Lebenslauf oben bei Fockes Ölskizze Morgensonne).
Das hier angebotene Gemälde ist ein treffliches Beispiel für Fockes Talent, mit Farbe und Lichtspiel die Atmosphäre eines heiteren Sommertages, der auch durch den starken Schattenwurf auf der linken Wiese angedeutet wird, einzufangen. Zu sehen ist ein Junge mit damals gängiger Matrosenkleidung, der – ausgestattet mit einem Paddel – in einem traditionellen flachen Kahn auf der Kanal- und Flusslandschaft zwischen Wümme und Worpswede rudert. Mit kurzen pastosen Strichen deutet Focke die Formen nur an, wie es charakteristisch ist für den deutschen Spätimpressionismus. Wunderbar gelungen ist beispielsweise die Wiedergabe der Reflektion des rudernden Jungen auf dem Gewässer im Bildvordergrund. In der starken Farbgebung mag vielleicht ebenfalls etwas der Einfluss der Brücke-Maler mitschwingen, mit denen er in diesen Berliner Jahren eng befreundet ist. Die Ölskizze ist sicherlich eine der hervorragendsten Arbeiten Wilhelm Fockes in dieser Hauptschaffensphase.
Wilhelm Heinrich Focke, Morgensonne, 1912, Öl auf Leinwand, ca. 69 x 48 cm, unsigniert, unregelmäßig beschnitten, ungerahmt.
Das Bild wurde aufwendig in Museumsqualität mit einem neuen Passepartout (100 x 80 cm) der Firma HALBE ausgestattet. Ein passender Rahmen mit Museumsglas (entspiegelt, sehr hoher UV-Schutz, antistatisch, abriebbeständig) der Firma HALBE kann auf Wunsch beschafft werden.
Wilhelm Heinrich Focke, Morning Sun, 1912, oil on canvas, c. 69 x 48 cm, unsigned, unframed.
The picture was provided – in museum quality – with a new passe-partout (100 x 80 cm) of the company HALBE. A fitting frame – in museum quality – with museum glass (anti-reflective, very high UV protection, anti-static, abrasion resistant) of the company HALBE can be provided on request.
Wilhelm Heinrich Focke (1878 Bremen – 1974 Bremen) ist eine der spannendsten und bedeutendsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts in Deutschland und ist doch heute einer breiten Öffentlichkeit kaum noch bekannt. In nahezu leonardesker Manier hat er als Maler, Bildhauer, Flugzeugpionier, Erfinder, Dichter und Mitbegründer des FC Bayern München herausragende Spuren hinterlassen.
Geboren als ältester Sohn des Bremer Ratssyndikus und Gründer des kulturhistorischen Focke-Museums, Johann Focke (1848–1922), und dessen aus einer französischen Adelsfamilie stammenden Frau Louise – eine Nichte des Malers Souchay de la Duboissière –, zeigten sich schon früh seine unterschiedlichen Interessen und herausragenden Talente. Er konstruierte 1908 das berühmte Flugzeug Ente, mit dem er im September 1909 auf dem Bornstedter Feld bei Potsdam als einer der ersten deutschen Flugpioniere in die Luft stieg. Bereits 1908 hatte er zudem die ersten Strandroller und Eissegelschlitten mit großen Segelflächen gebaut. Er unterstützte seinen jüngeren Bruder Henrich (1890–1979), der einer der bedeutendsten deutschen Flugzeugpioniere und Hubschrauberkonstrukteure sowie Mitbegründer der Focke-Wulf-Flugzeugwerke werden sollte. Zeit seines Lebens wird er zahlreiche Luft-, Wasser- und Strandfahrzeuge entwickeln, auch aufgrund seiner Erfahrungen im Ersten Weltkrieg, als er zunächst in der Türkei an den Dardanellen gegen den Landungsversuch der Engländer kämpfen musste und nach einer schweren Verletzung ab 1916 als Aufklärer und Rettungsflieger über der Nordsee im Einsatz war.
Focke war ein passionierter Reiter, Flieger, Segler und Eisläufer, später ebenso Skifahrer. Vor allem aber war er ein Protagonist der Frühzeit des Fußballs in Deutschland. Anschließend an ein Studium bei Peter Janssen d. Ä. (1844–1908) an der Düsseldorfer Kunstakademie war er 1899 zu Carl von Marr (1858–1936) an die Münchner Akademie der Bildenden Künste gewechselt. In seiner Münchner Zeit spielte er zunächst für den MTV München von 1879 bevor er mit 16 anderen den Vereinsaustritt der Fußballabteilung forcierte und im Jahr 1900 den FC Bayern München gründete. Er wurde zum zweiten Kapitän der Mannschaft bestimmt. Seit einigen Jahren erinnern die Bayern medial an ihr Gründungsmitglied Focke und thematisieren zudem offen dessen Homosexualität. In den wenigen, von den Nachfahren und deren Umkreis dominierten Ausstellungen und Beiträgen der letzten Jahrzehnte wird die sexuelle Orientierung Fockes jedoch ausgeklammert. Offen lebte er diese anscheinend kaum aus, allerdings war der unverheiratete und kinderlose Focke engstens mit einigen prominenten (und später teilweise verfolgten) Homosexuellen wie seinem Bremer Schulkameraden Rudolf Alexander Schröder (1878–1962), einem damals bekannten Schriftsteller, Übersetzer, Poeten, evangelischen Kirchenlieddichter, Architekten und Maler, befreundet.
Nach Düsseldorf und München setzte er in den Jahren 1903/04 sein Studium bei dem höchstbedeutenden Ludwig von Hofmann (1861–1945) an der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule Weimar fort. Zwar folgte hernach noch die Aufnahme in die Meisterklasse des Historienmalers Arthur Kampf (1864–1950) an der Berliner Kunstakademie, aber prägend für sein ganzes weiteres Schaffen war die Zeit bei Hofmann, mit dem er eng befreundet blieb. Dieser dürfte ihn in die Kreise der Berliner Secession und um den Impressionisten Max Liebermann (1847–1935) eingeführt haben, zu denen auch die beiden Vettern Bruno und Paul Cassirer (1871–1926), berühmte Verleger und Galeristen, gehörten. Wahrscheinlich im Verlagshaus von Bruno Cassirer (1872–1941) fand um 1909 eine erste größere Ausstellung mit etwa dreißig Bildern Wilhelm Fockes statt – überwiegend Reiterbilder aus dem Berliner Tiergarten. Liebermann war begeistert von seinen Bildern mit Pferden und soll gesagt haben: „…nee Focke, det kann ick nich“. Freundschaftliche Beziehungen pflegte er u. a. zu Oskar Kokoschka (1886–1980), Max Slevogt (1868–1932) und Olaf Gulbransson (1873–1958).
Von 1919 bis 1929 unterrichtete Focke an der Bremer Kunstgewerbeschule Akt-, Tier- und Landschaftsmalerei. Gleichzeitig betätigte er sich nach wie vor als Erfinder. So entstanden in diesen Jahren erste Entwürfe zu Doppelrumpfbooten (heute als Katamarane bezeichnet) und sogar zu Gezeiten- und Windkraftwerken. Ab 1930 war er dann durchgängig als freischaffender Künstler tätig. Diese unbeschwerte Zeit verdüsterte sich mit dem aufziehenden Nationalsozialismus. Focke blieb zu den Nazis auf Distanz und zog sich bis 1945 in die innere Emigration zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg schwand seine überregionale Bedeutung, auch wenn ihm im Bremer Raum zahlreiche Ehrungen und Ausstellungen zuteilwurden.
Das hier angebotene Gemälde ist die große Ölskizze zum 1912 entstandenen Hauptwerk Morgensonne, das sich heute in der Bremer Kunsthalle befindet (Text von Katharina Erling dazu auf der Museumshomepage). Charakteristisch für seinen Malstil zwischen Spätimpressionismus und Jugendstil, stellt Focke die Darstellung des nackten Jünglings einerseits durch den Standbein-Spielbein-Topos und den leicht nach hinten gedrehten, scheinbar sinnierenden Kopf in die an antike Skulpturen erinnernde kunsthistorische Tradition. Andererseits jedoch geht es ihm nicht um eine Idealisierung des Körpers, sondern um das sinnliche Erwachen jugendlicher Männlichkeit und um unbekümmerte nackte Schönheit. Gleichfalls spielt die Szene nicht in einer entrückten Ideallandschaft, sondern wird in die heimische Natur – wohl bei Worpswede – versetzt. So spiegelt das Gemälde zwar den starken Einfluss seines Lehrers Ludwig von Hofmann wider, allerdings folgt Focke doch einem ganz individuellen Ansatz. Im Gegensatz zu der finalen Fassung des Bildes in der Bremer Kunsthalle, die die konkrete naturhafte Verortung mehr ausformuliert und durch eine gezähmtere Farbskala geprägt ist, besticht die Ölskizze durch eine wahre Farbexplosion und die Unmittelbarkeit der Entstehung in der freien Natur, wovon auch das Einstichloch, mit dem die Leinwand auf der portablen Staffelei fixiert wurde, Zeugnis ablegt. Der nackte Jüngling ist nicht wie in der finalen Fassung etwas entrückt, sondern sein Posieren erscheint dem Betrachtenden direkt vor Augen.
Albert Maennchen, Skifahrende bei St. Moritz, um 1906/07, Öl auf Papier, unsigniert, 34 x 67 cm, diverse kleine Knicke, Gebrauchs- und Fehlstellen an den Rändern.
Das Bild wurde aufwendig in Museumsqualität mit einem neuen Passepartout und einem neuen Rahmen (60 x 80 cm) mit Museumsglas (entspiegelt, sehr hoher UV-Schutz, antistatisch, abriebbeständig) der Firma HALBE ausgestattet.
Albert Maennchen, Female and Male Skiers near St. Moritz, c. 1906/07, oil on paper, not signed, 34 x 67 cm, several smaller folds, parts with traces of usage and smaller missing parts at the margins.
The picture was provided – in museum quality – with a new passe-partout and a new frame (60 x 80 cm) with museum glass (anti-reflective, very high UV protection, anti-static, abrasion resistant) of the company HALBE.
Albert Maennchen (1873 Rudolstadt – 1935 Berlin) erhielt seinen ersten Zeichen- und Malunterricht von seinem 12 Jahre älteren Bruder, dem bekannten Landschafts- und Genremaler Adolf Maennchen (1860–1920). Nach erfolgreicher Tätigkeit als Malergehilfe und -meister studierte er ab 1896 die Fächer Ornamentik, dekorative Malerei, Plastik, Kunstgeschichte und Architektur an der Unterrichtsanstalt des Kgl. Kunstgewerbemuseums in Berlin, später auch kurzzeitig an der Hochschule für Bildende Künste Berlin. In seiner Hauptschaffensphase vor dem Ersten Weltkrieg gewann Maennchen zahlreiche bedeutende Aufträge für Ausmalungen u.a. in Rudolstadt, Berlin, Düsseldorf, Danzig,Paris, Turin und St. Louis und erhielt Auszeichnungen, etwa die französische Staatsmedaille für Kunst der Weltausstellung in Paris 1900, die italienische und amerikanische Staatsmedaille (1902 bzw. 1904). Er starb bereits 1935 an Lungenkrebs.
Zwischen 1899 und 1906/07 bildete sich Maennchen immer wieder durch mehrmonatige Studienaufenthalte an der Pariser Académie Julian weiter. Wahrscheinlich im Anschluss an die letzte dieser Reisen schuf er das angebotene Bild. Das Blatt mag Teil einer Serie von Werken sein, die sich um Maennchens Tempera-Arbeit Winter bei St. Moritz, welche am 9. Oktober 1907 im Berliner Künstlerhaus zum Zwecke des Verkaufs ausgestellt wurde, gruppieren. Es ist daher anzunehmen, dass dieses wie auch die anderen Blätter im Winter 1906/07 in St. Moritz entstanden ist. Einige Arbeiten der Serie wurden im Londoner Verlag Raphael Tuck & Sons als Oilette-Postkarten der Reihe Sport in the Alpes weltweit vertrieben.
Gemalte Darstellungen aus der Frühzeit des Skifahrens sind durchaus selten. Noch rarer sind solche, bei denen auch weibliche Skifahrende vorkommen. Das großformatige Blatt zeigt ölskizzenhaft mit breiten, schnell auf das Papier geworfenen Pinselstrichen über Unterzeichnungen gleich mehrere Skifahrerinnen vor einer winterlichen Bergkulisse. Interessanterweise wedeln diese bergab dem männlichen Skifahrer entgegen, der sich gerade bergauf müht und einen großen Schatten wirft, was auf starken Sonnenschein schließen lässt. Zeittypisch noch mit einfachen Holzskiern und Stöcken ausgestattet, trägt der Mann eine schwarze, knielange Hose über schwarzen Stiefeln und Gamaschen sowie ein weißes Obergewand, das in eine weiße Mütze mit Schirm übergeht. Da es für Frauen erst ab den 1920er Jahren spezielle Skikleidung gab – bis dahin waren Hosen für Frauen tabu und das Zeigen der Beine beim Sport galt als frivol –, erscheinen diese hier mit langen Röcken (rot bzw. blau). Waren letztere zwar sehr hinderlich beim Skifahren, so betonen sie, künstlerisch betrachtet, jedoch umso mehr den Rausch der Bewegung. Mit wenigen Pinselstrichen schafft es Albert Maennchen, die Impression eines solch herrlichen Skitages einzufangen.
Peter Trumm, New York. Blick von Weehawken über den Hudson auf Manhattan, 1928, Chiaroscuro-Holzschnitt in Hellbraun und Schwarz auf Papier, eigenhändiger Probedruck, 37.8 x 48.5 cm, signiert im Bild unten links „T“ und unterhalb rechts „Trumm“, bezeichnet unterhalb links „Eigenhändiger Probedruck / ‚New-York, Blick von Weehawken über den Hudson auf Manhattan‘ / New-York, Blick von den Felsen von Weehawken über den Hudson auf Manhattan“, ungerahmt.
Das Bild wurde aufwendig in Museumsqualität mit einem neuen Passepartout (70 x 80 cm) der Firma HALBE ausgestattet. Ein passender Rahmen mit Museumsglas (entspiegelt, sehr hoher UV-Schutz, antistatisch, abriebbeständig) der Firma HALBE kann auf Wunsch beschafft werden.
Peter Trumm, New York. View from Weehawken over the Hudson towards Manhattan, 1928, Chiaroscuro woodcut in brown and black on paper, proof by the artist, 37.8 x 48.5 cm, signed in the picture lower left "T" and below the picture right “Trumm”, inscribed below left (recto) “Eigenhändiger Probedruck / ‚New-York, Blick von Weehawken über den Hudson auf Manhattan‘ / New-York, Blick von den Felsen von Weehawken über den Hudson auf Manhattan”, unframed.
The picture was provided – in museum quality – with a new passe-partout (70 x 80 cm) of the company HALBE. A fitting frame – in museum quality – with museum glass (anti-reflective, very high UV protection, anti-static, abrasion resistant) of the company HALBE can be provided on request.
Peter Trumm (1888 Straßburg – 1966 München) war einer der vielversprechendsten Künstler auf dem Gebiet der Grafik der 1920er Jahre. Geboren im Elsass als Sohn des Bauleiters für den Rheinpalast (ehem. Kaiserpalast) in Straßburg, studierte er zunächst an der Technischen Hochschule in München bevor er ein künstlerisches Studium bei Ludwig Schmidt-Reutte (1862–1909) an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe aufnahm. Nach vier Semestern wechselte er zu Peter Halm (1854–1923) und Ludwig von Herterich (1856–1932) an die Münchner Kunstakademie, bildete sich aber auch privat bei Carl Weinhold (1867–1925) und Moissey Kogan (1879–1943) fort. Nach einem weiteren Jahr in Karlsruhe hielt er sich ein Jahr in Florenz auf.
Den Ersten Weltkrieg überstand er als Offizier unbeschadet. Durch die Materialknappheit und mangelnde Käuferschaft für Gemälde in diesen Jahren fokussierte er sich nun vollends auf die Druckgrafik. Viele seiner Illustrationen konnte er sehr erfolgreich platzieren. 1917 heiratete er die „hochbegabte Malerin“ (Zeitschrift Die Graphischen Künste 52.1929, S. 44) Hedwig Witzel (1881–1957). Nach dem Krieg ließ er sich in Haimhausen bei München nieder.
Ein erstes Karrierehighlight bildete eine Einzelausstellung in der Staatlichen Graphischen Sammlung München 1924, die weit über 100 Zeichnungen (meist Illustrationszyklen), Aquarelle, Radierungen, Einzelholzschnitte, Chiaroscuro-Holzschnitte etc. umfasste. Hierzu verfasste der bedeutende jüdische Schriftsteller und Kunstkritiker Adolph Donath (1876–1937) in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift Der Kunstwanderer (5./6.1923/24) wahre Lobeshymnen: „die Ausstellung hat mehr gebracht, viel: einen jungen Künstler von kraftvoller Originalität und herzhafter Standfestigkeit, von ehrlichem Bemühen und rasch wachsendem Können. Zwar ist das Prophezeien ein heikles Beginnen; dennoch, sagen wir frisch voraus: Peter Trumm wird in der Geschichte der deutschen Graphik einmal in rechten Ehren genannt werden.“
Der hier angebotene, äußerst seltene Holzschnitt entstand auf einer Reise Peter Trumms durch Nordamerika im Jahr 1928. Anlässlich einer großen Ausstellung zu den Zeichnungen Trumms im Folgejahr, welche die Staatliche Graphische Sammlung in München ausrichtet und die den Höhepunkt seiner künstlerischen Laufbahn bilden wird, verfasste der Kunsthistoriker Ernst Wilhelm Bredt (1869–1938), Konservator an der Graphischen Sammlung in München, einen ausführlichen Beitrag in der Zeitschrift Die Graphischen Künste (52.1929). Und auch die renommierte Zeitschrift Die Kunst für alle (45.1929/30) schreibt: „In allen Blättern kommt Einer zu Wort, der, bei starkem künstlerischem Vermögen, Verständnis für das jeweils Wesentliche der Dinge besitzt“, und in diesen „so markanten Zeichnungen ist eine Fülle rein graphischer Erfindungsgabe inhärent, die staunen macht.“ Trumm „exzelliert in kompositorischem Reichtum, den die großen Epochen besaßen“, aber er fordert auch sein Publikum, denn „ein so scharfer Beobachter wie Trumm verlangt andere Augen als die eines Bildzeitungslesers, denn die Ökonomie seiner Gebärden läßt sich kaum übertreffen, seine Gestalten sind beredt im Stummen, voll gespannten Lebens in äußerster Ruhe“.
Die Ausstellung zeigt auch die auf Trumms Nordamerikareise 1928 entstandenen Zeichnungsvorlagen für die späteren Chiaroscuro-Holzschnitte. Die Zeitschrift Die Kunst für alle lobt Trumm als „Künstler, der Neuentdecker amerikanischer Schönheit ist, dessen künstlerisches Ingenium uns auch dort gefangennimmt, wo andere Darsteller den Fesseln des Objektes unterliegen.“ Über die New York-Zeichnung in brauner Kreide urteilt der Autor: „Wie überraschend kontraststark ist doch sein Blick auf Manhattan von Weehawken aus. Von hier schweift der Blick über Felsen hinweg auf New-York. So wurden Felsriesen Gradmesser gigantischer Architektur. So drängen sich die schlanken Baumassen zu steilen Prismengebirgen, nicht mehr erdrückend, wie sie der Städter und hastige Amerikabesucher tief unten empfindet, sondern breit und einladend zum Ergehen auf ihren Platten und Stufen. Er bringt neue Variationen in das Thema des Riesenhaften, associiert das Amerikanische dem Europäischen.“ […] „Ein Amerikabild also, dessen Nebeneinander von großer Natur und himmelstürmenden Bauten lebendigste Vorstellung weckt echt amerikanischer Gegebenheiten, Energien und Ideale.“ Vergleicht man die Zeichnung und den hier angebotenen großformatigen Chiaroscuro-Holzschnitt, so erfährt das Gesagte noch eine eindrückliche künstlerische Steigerung.
Während der Zeit des Nationalsozialismus verhielt sich Trumm konform, aber unauffällig. Er stellte im Münchner Kunstverein (1936), den Großen Deutschen Kunstausstellungen (1937–1942) sowie den Münchner Kunstausstellungen zwischen 1938 und 1942 aus und schrieb für die Zeitschrift Weltkunst. 1940 erhielt er einen Ruf als Professor an die Technische Universität München, die er bis zu seiner Pensionierung innehatte. Der Nachlass Peter Trumms befindet sich im Stadtarchiv München.
Albert Maennchen, Skifahrer mit Hund bei St. Moritz, um 1906/07, Öl auf Papier, unsigniert, 35 x 66 cm, diverse kleine Knicke, Gebrauchs- und Fehlstellen an den Rändern.
Das Bild wurde aufwendig in Museumsqualität mit einem neuen Passepartout und einem neuen Rahmen (60 x 80 cm) mit Museumsglas (entspiegelt, sehr hoher UV-Schutz, antistatisch, abriebbeständig) der Firma HALBE ausgestattet.
Albert Maennchen, A Skier with a Dog near St. Moritz, c. 1906/07, oil on paper, not signed, 35 x 66 cm, several smaller folds, parts with traces of usage and smaller missing parts at the margins.
The picture was provided – in museum quality – with a new passe-partout and a new frame (60 x 80 cm) with museum glass (anti-reflective, very high UV protection, anti-static, abrasion resistant) of the company HALBE.
Albert Maennchen (1873 Rudolstadt – 1935 Berlin) erhielt seinen ersten Zeichen- und Malunterricht von seinem 12 Jahre älteren Bruder, dem bekannten Landschafts- und Genremaler Adolf Maennchen (1860–1920). Nach erfolgreicher Tätigkeit als Malergehilfe und -meister studierte er ab 1896 die Fächer Ornamentik, dekorative Malerei, Plastik, Kunstgeschichte und Architektur an der Unterrichtsanstalt des Kgl. Kunstgewerbemuseums in Berlin, später auch kurzzeitig an der Hochschule für Bildende Künste Berlin. In seiner Hauptschaffensphase vor dem Ersten Weltkrieg gewann Maennchen zahlreiche bedeutende Aufträge für Ausmalungen u. a. in Rudolstadt, Berlin, Düsseldorf, Danzig, Paris, Turin und St. Louis und erhielt Auszeichnungen, etwa die französische Staatsmedaille für Kunst der Weltausstellung in Paris 1900, die italienische und amerikanische Staatsmedaille (1902 bzw. 1904). Er starb bereits 1935 an Lungenkrebs.
Zwischen 1899 und 1906/07 bildete sich Maennchen immer wieder durch mehrmonatige Studienaufenthalte an der Pariser Académie Julian weiter. Wahrscheinlich im Anschluss an die letzte dieser Reisen schuf er das angebotene Bild. Das Blatt mag Teil einer Serie von Werken sein, die sich um Maennchens Tempera-Arbeit Winter bei St. Moritz, welche am 9. Oktober 1907 im Berliner Künstlerhaus zum Zwecke des Verkaufs ausgestellt wurde, gruppieren. Es ist daher anzunehmen, dass dieses wie auch die anderen Blätter im Winter 1906/07 in St. Moritz entstanden ist. Einige Arbeiten der Serie wurden im Londoner Verlag Raphael Tuck & Sons als Oilette-Postkarten der Reihe Sport in the Alpes weltweit vertrieben.
Gemalte Darstellungen aus der Frühzeit des Skifahrens sind durchaus selten. Das großformatige Blatt zeigt ölskizzenhaft mit breiten, schnell auf das Papier geworfenen Pinselstrichen über Unterzeichnungen einen Skifahrer mit seinem Hund, den Ausblick in die sonnendurchflutete winterliche Berglandschaft genießend. Zeittypisch noch mit einfachen Holzskiern und Stöcken ausgestattet, trägt der Mann eine schwarze, knielange Hose über schwarzen Stiefeln und Gamaschen sowie ein weißes Obergewand, das in eine weiße Mütze mit Schirm übergeht. Ob das rote Gesicht von der Anstrengung oder einem Sonnenbrand zeugt, bleibt Maennchens Geheimnis. Mit wenigen Pinselstrichen schafft es der Künstler, die Impression eines solch herrlichen Skitages einzufangen.
Peter Trumm, Cleveland. Blick auf die entstehende Union Station, 1928, Chiaroscuro-Holzschnitt in Hellbraun und Schwarz auf Papier, eigenhändiger Probedruck, 36.5 x 50.7 cm, signiert im Bild unten rechts „T“ und unterhalb rechts „Trumm“, bezeichnet unterhalb links „Eigenhändiger Probedruck (Falz…) / Cleveland, Blick auf die entstehende Union-Station“, ungerahmt.
Das Bild wurde aufwendig in Museumsqualität mit einem neuen Passepartout (70 x 80 cm) der Firma HALBE ausgestattet. Ein passender Rahmen mit Museumsglas (entspiegelt, sehr hoher UV-Schutz, antistatisch, abriebbeständig) der Firma HALBE kann auf Wunsch beschafft werden.
Peter Trumm, Cleveland. View towards the emerging Union Station, 1928, Chiaroscuro woodcut in brown and black on paper, proof by the artist, 36.5 x 50.7 cm, signed in the picture lower right "T" and below the picture right “Trumm”, inscribed below left (recto) “Eigenhändiger Probedruck (Falz…) / Cleveland, Blick auf die entstehende Union-Station”, unframed.
The picture was provided – in museum quality – with a new passe-partout (70 x 80 cm) of the company HALBE. A fitting frame – in museum quality – with museum glass (anti-reflective, very high UV protection, anti-static, abrasion resistant) of the company HALBE can be provided on request.
Peter Trumm (1888 Straßburg – 1966 München) war einer der vielversprechendsten Künstler auf dem Gebiet der Grafik der 1920er Jahre. Geboren im Elsass als Sohn des Bauleiters für den Rheinpalast (ehem. Kaiserpalast) in Straßburg, studierte er zunächst an der Technischen Hochschule in München bevor er ein künstlerisches Studium bei Ludwig Schmidt-Reutte (1862–1909) an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe aufnahm. Nach vier Semestern wechselte er zu Peter Halm (1854–1923) und Ludwig von Herterich (1856–1932) an die Münchner Kunstakademie, bildete sich aber auch privat bei Carl Weinhold (1867–1925) und Moissey Kogan (1879–1943) fort. Nach einem weiteren Jahr in Karlsruhe hielt er sich ein Jahr in Florenz auf.
Den Ersten Weltkrieg überstand er als Offizier unbeschadet. Durch die Materialknappheit und mangelnde Käuferschaft für Gemälde in diesen Jahren fokussierte er sich nun vollends auf die Druckgrafik. Viele seiner Illustrationen konnte er sehr erfolgreich platzieren. 1917 heiratete er die „hochbegabte Malerin“ (Zeitschrift Die Graphischen Künste 52.1929, S. 44) Hedwig Witzel (1881–1957). Nach dem Krieg ließ er sich in Haimhausen bei München nieder.
Ein erstes Karrierehighlight bildete eine Einzelausstellung in der Staatlichen Graphischen Sammlung München 1924, die weit über 100 Zeichnungen (meist Illustrationszyklen), Aquarelle, Radierungen, Einzelholzschnitte, Chiaroscuro-Holzschnitte etc. umfasst. Hierzu verfasste der bedeutende jüdische Schriftsteller und Kunstkritiker Adolph Donath (1876–1937) in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift Der Kunstwanderer (5./6.1923/24) wahre Lobeshymnen: „die Ausstellung hat mehr gebracht, viel: einen jungen Künstler von kraftvoller Originalität und herzhafter Standfestigkeit, von ehrlichem Bemühen und rasch wachsendem Können. Zwar ist das Prophezeien ein heikles Beginnen; dennoch, sagen wir frisch voraus: Peter Trumm wird in der Geschichte der deutschen Graphik einmal in rechten Ehren genannt werden.“
Der hier angebotene, äußerst seltene Holzschnitt entstand auf einer Reise Peter Trumms durch Nordamerika im Jahr 1928. Anlässlich einer großen Ausstellung zu den Zeichnungen Trumms im Folgejahr, welche die Staatliche Graphische Sammlung in München ausrichtet und die den Höhepunkt seiner künstlerischen Laufbahn bilden wird, verfasste der Kunsthistoriker Ernst Wilhelm Bredt (1869–1938), Konservator an der Graphischen Sammlung in München, einen ausführlichen Beitrag in der Zeitschrift Die Graphischen Künste (52.1929). Und auch die renommierte Zeitschrift Die Kunst für alle (45.1929/30) schreibt: „In allen Blättern kommt Einer zu Wort, der, bei starkem künstlerischem Vermögen, Verständnis für das jeweils Wesentliche der Dinge besitzt“, und in diesen „so markanten Zeichnungen ist eine Fülle rein graphischer Erfindungsgabe inhärent, die staunen macht.“ Trumm „exzelliert in kompositorischem Reichtum, den die großen Epochen besaßen“, aber er fordert auch sein Publikum, denn „ein so scharfer Beobachter wie Trumm verlangt andere Augen als die eines Bildzeitungslesers, denn die Ökonomie seiner Gebärden läßt sich kaum übertreffen, seine Gestalten sind beredt im Stummen, voll gespannten Lebens in äußerster Ruhe“.
Die Ausstellung zeigt auch die auf Trumms Nordamerikareise 1928 entstandenen Zeichnungsvorlagen für die späteren Chiaroscuro-Holzschnitte. Die Zeitschrift Die Kunst für alle lobt Trumm als „Künstler, der Neuentdecker amerikanischer Schönheit ist, dessen künstlerisches Ingenium uns auch dort gefangennimmt, wo andere Darsteller den Fesseln des Objektes unterliegen.“ Über die Cleveland-Zeichnung in brauner Kreide urteilt der Autor: „Er bringt neue Variationen in das Thema des Riesenhaften, associiert das Amerikanische dem Europäischen. Im ‚Straßenbild von Cleveland‘ z. B. wird er so etwas wie ein Idealkonstrukteur von Bauobelisken zu zentraler Einheit.“ […] „Ein Amerikabild also, dessen Nebeneinander von großer Natur und himmelstürmenden Bauten lebendigste Vorstellung weckt echt amerikanischer Gegebenheiten, Energien und Ideale.“ Vergleicht man die Zeichnung und den hier angebotenen großformatigen Chiaroscuro-Holzschnitt, so erfährt das Gesagte noch eine eindrückliche künstlerische Steigerung.
Während der Zeit des Nationalsozialismus verhielt sich Trumm konform, aber unauffällig. Er stellte im Münchner Kunstverein (1936), den Großen Deutschen Kunstausstellungen (1937–1942) sowie den Münchner Kunstausstellungen zwischen 1938 und 1942 aus und schrieb für die Zeitschrift Weltkunst. 1940 erhielt er einen Ruf als Professor an die Technische Universität München, die er bis zu seiner Pensionierung innehatte. Der Nachlass Peter Trumms befindet sich im Stadtarchiv München.
Herman Vedel, Porträt Agnete Zøylner Bendix, 1910, Öl auf Leinwand, 80 x 60 cm, signiert unten rechts "HV 1910“ (durch den Rahmen verdeckt), gerahmt (100 x 80 cm).
Herman Vedel, Portrait of Agnete Zøylner Bendix, 1910, oil on canvas, 80 x 60 cm, signed lower right "HV 1910" (covered by the frame), framed (100 x 80 cm).
Herman Albert Gude Vedel (1875 Kopenhagen – 1948 Kopenhagen) war der führende Porträtmaler Dänemarks im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Er besuchte die Königlich Dänische Kunstakademie von 1894 bis 1897 und die sezessionistisch ausgerichtete Kunstnernes Frie Studieskoler von 1896 bis 1897. 1909 erhielt er die Eckersberg Medaille und 1918 die Thorvaldsen Medaille, also die bedeutendste kulturelle Auszeichnung Dänemarks. Er schuf Porträts von vielen berühmten Däninnen und Dänen sowie von Mitgliedern der Kopenhagener Oberschicht. Seine Werke finden sich beispielsweise in der Sammlung der dänischen Nationalgalerie Statens Museum for Kunst.
Ein wiederentdecktes Gemälde Vedels ist das hier angebotene Porträt, das wohl die aus einer isländischen Kaufmannsfamilie stammenden Agnete Zøylner Bendix (1871–1943) zeigt. Ihr Vater Johannes Zøylner (1838–1921), die Mutter Harriet Clausen (1842–1922), die sechs Kinder und vier Hausmädchen lebten auf einer Etage des berühmten Jennow-Hauses in Kopenhagens prominenten Viertel Christianshavn. Agnete heiratete 1891 den jüdischen Großhändler und Kunstsammler William Bendix (1865–1937). Ab 1919 bewohnten sie u. a. das Herrenhaus Hegnsholt, 40 km nördlich von Kopenhagen gelegen. Ihre Schwester Ása ehelichte den berühmten dänischen Maler und Designer Johann Rohde (1856–1935). Ihr Sohn Tyge Zøylner (1894–1962) wurde ebenfalls ein bedeutender Maler, der die meiste Zeit seines Lebens in Rom lebte und dort auf dem protestantischen Friedhof begraben wurde.
Neben der eleganten Erscheinung Agnetes vor schwarzem Hintergrund wird der Blick vor allem auf die wunderschöne Jugendstil-Brosche gelenkt. Ein Kunstwerk an sich ist auch der wertvolle, etwas restaurierungsbedürftige Goldrahmen mit Jugendstil-Elementen, der eine besondere Erwähnung verdient. Dieser wurde gefertigt – wie aus einem kunstvollen Label an der Innenseite des Rahmens hervorgeht – von Valdemar Tollof Severin Kleis (1845–1918), einem der prominentesten Rahmenmacher, Vergolder und Kunsthändler Kopenhagens. Der Rahmen scheint also bereits 1910 für das gemaltes Porträt der Agnete Zøylner Bendix geschaffen worden zu sein.
Hermann Schlittgen, Venedig, 1908, Aquarell, Pastellkreide und Bleistift auf Papier, aufgezogen auf Karton, 50.6 x 39.3 cm, signiert unten links und rechts „H. Schlittgen“, eigenhändig bezeichnet unten links „Venedig 08“, ungerahmt.
Das Bild wurde in Museumsqualität mit einem neuen Passepartout (90 x 70 cm) der Firma HALBE ausgestattet. Ein passender Rahmen mit Museumsglas (entspiegelt, sehr hoher UV-Schutz, antistatisch, abriebbeständig) der Firma HALBE kann auf Wunsch beschafft werden.
Hermann Schlittgen, Venice, 1908, watercolor, pastel and pen on paper, mounted on cardboard, 50.6 x 39.3 cm, signed lower left and right "H. Schlittgen", inscribed (recto) lower left “Venedig 08”, unframed.
The picture was provided – in museum quality – with a new passe-partout (90 x 70 cm) of the company HALBE. A fitting frame – in museum quality – with museum glass (anti-reflective, very high UV protection, anti-static, abrasion resistant) of the company HALBE can be provided on request.
Hermann Schlittgen (1859 Roitzsch – 1930 Wasserburg am Inn) wuchs als Vollwaise bei seinem Onkel auf. Schon früh wurde sein künstlerisches Talent erkannt, sodass er bereits als 14jähriger ein Studium an der Königlichen Kunstakademie in Leipzig aufnehmen konnte, das er 1876 beendete. In der Folge bildete er sich an der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule Weimar bei Theodor Hagen (1842–1919) fort und zog anschließend nach München, wo er als einer der Hauptillustratoren und -karikaturisten sehr erfolgreich für die bekannte Wochenschrift Fliegende Blätter arbeitete. 1884 wurde er Schüler in der privaten Académie Julian in Paris und pendelte in den folgenden Jahren und Jahrzehnten zwischen Flandern, Paris, München und Berlin. Auf der Pariser Weltausstellung 1889 wurde er zum ersten Mal als Maler ausgezeichnet.
1890 ließ er sich wieder in München nieder. Er machte Bekanntschaft mit herausragenden Persönlichkeiten wie Stefan George (1868–1933), Gerhart Hauptmann (1862–1946) oder August Strindberg (1849–1912). Ab 1892 wurde er zu einem engen Freund von Wilhelm Leibl (1844–1900), worüber er in dem längeren Beitrag Erinnerung an Wilhelm Leibl in der Zeitschrift Kunst und Künstler (1.1902/03) Auskunft gibt. Im selben Jahr wird er auch einer der Gründungsmitglieder der Münchner Secession. Anlässlich der VI. Internationalen Kunstausstellung in München schreibt Julius Elias in der Zeitschrift Der Kunstwart (6.1892/93): „Schlittgen ist ein Genie in seiner Art, und seine Art ist sehr weit. Er gehört zu den geschmackvollsten und am meisten zielbewußten unter den deutschen Modernen“.
In den folgenden Jahren und Jahrzehnten wird der „unerreicht chike Salonsatiriker Hermann Schlittgen“ (Zeitschrift Illustrierte Welt 42.1894) u. a. in der Münchner Secession, der Berliner Secession und im Leipziger Kunstverein ausstellen. Werke von ihm finden sich beispielsweise in der Albertina, im Museum der Bildenden Künste Leipzig und im Münchner Lenbachhaus. Sein berühmtes Gemälde ist ein Porträt von Edvard Munch (1863–1944) aus dem Jahr 1904, das sich heute im Munch Museum in Oslo befindet. Schlittgen hatte Munch in Berlin kennengelernt und es entwickelte sich eine Freundschaft zwischen beiden. 1918 zog er nach Wasserburg am Inn, wo er 1930 verstarb.
Hermann Schlittgen erhielt 1906 als einer der ersten Künstler gemeinsam mit Max Beckmann (1884–1950) und Dora Hitz (1853–1924) den noch heute höchstrenommierten Villa-Romana-Preis. Damit verbunden war ein Preisgeld von 2000 Mark sowie ein Atelier und eine Wohnung in der auf Betreiben von Max Klinger (1857–1920) vom Trägerverein erworbenen Villa Romana in Florenz für eineinhalb Jahre. Schlittgen genoss mit Frau und Sohn die Zeit in Italien sehr, besuchte Museen und andere Städte.
Das hier angebotene Werk entstand während dieses Italienaufenthalts 1908. Schlittgen berichtet in seinen ausgiebigen Lebenserinnerungen auch von Venedig und schreibt aus der Sicht des Künstlers: „Venedig ist viel gemalt worden. ‚Es ist ausgemalt‘, sagen viele Künstler, als ob eine malerische Stadt überhaupt ausgemalt werden könnte. Venedig war die Stadt des italienischen Kitsches, des Genrebildes, die Venezianerin das Modell für so viele rührende und heitere zuckersüße Bilder, sie spielte in Italien die Rolle wie bei uns früher das Gretchen.“ Dementsprechend interessiert ihn vor allem das zeitgenössische Venedig, der Alltag der einfachen Bewohner und das Nachtleben der Venezianer in der Gegend um die Zattere, das er anekdotenhaft schildert und in das er mit lokalen und ausländischen Künstlerkollegen ausgiebig eintaucht.
Die Impression einer solch nächtlichen Szenerie ist in dieser großformatigen Arbeit zu sehen. Eine modern gekleidete Frau mit modischem Haarschnitt – wir wissen nicht, wer sie ist – blickt an der Kreuzung zweier Gassen zurück auf das geschäftige nächtliche Treiben, das sich im Hintergrund abspielt. Dort stehen zwei umrisshaft dargestellte Personen vor einem Lokal, welches außen durch rote Lampions gezeichnet ist. Mit Schraffuren, schnell hingeworfenen Strichen und teilweise wild verteilten flächigeren Partien zeigt uns Schlittgen meisterhaft ein zeitgenössisches Venedig, das nichts mit dem üblichen Kitsch und Klischee der auch damals höchstbeliebten Veduten gemein hat. Ein herausragendes Blatt!
Ob es sich bei dem Werk aus dem Nachlass Hermann Schlittgens um die in der Gedächtnis-Ausstellung 1931 der Münchner Galerie Heinemann erwähnte Arbeit Venedig 1908 (Nr. 8) handelt, kann nicht verifiziert werden, da sie im Katalog als Ölgemälde bezeichnet wird. Entweder ein Fehler oder es ist ein anderes Werk gemeint, das während Schlittgens Italienaufenthalt entstanden ist.
Armin Horovitz, Porträt Carl Rössler, 1937, Öl auf Holzplatte, signiert oben rechts "AHorovitz / [1]937" sowie auf Rückseite "AHorovitz", 75 x 89.6 cm, ungerahmt, bezeichnet auf Vorderseite "…Karl…[R]össler / …." und auf Rückseite „Carl Rössler“.
Armin Horovitz, Porträt of Carl Rössler, 1937, oil on wood, signed above right "AHorovitz [1]937" and on the backside "AHorovitz", 75 x 89.6 cm, unframed, inscribed recto "…Karl…[R]össler/ …." and verso “Carl Rössler”.
Dieses außergewöhnliche Gemälde ist eine echte Entdeckung und legt Zeugnis ab vom Ausbluten der einstmals stark durch jüdische Menschen geprägten Kultur in Wien durch die Nationalsozialisten gleich in mehrfacher Hinsicht.
Der Maler Armin Hermann Horovitz (1880 Warschau – 1965 Norwich), heute nahezu unbekannt, war einst in Wien ein hochgelobter Künstler, der in bedeutenden kulturellen Kreisen verkehrte. Geboren als Sohn des erfolgreichen ungarischstämmigen Porträtmalers Leopold Horovitz (1837–1917), studierte er von 1897 bis 1901 an der Akademie der Bildenden Künste in Wien, vor allem bei Alois Delug (1859–1930) – letzterer soll im Übrigen 1907 maßgeblich gegen die Aufnahme Adolf Hitlers an die Wiener Akademie gewesen sein. Horovitz wechselte hernach an die Münchner Kunstakademie zu Leo Putz (1869–1940), der für ihn stilistisch sehr prägend sein wird. Auf Reisen nach Frankreich, England, Italien und in die Niederlande bildete er sich weiter fort.
Vor dem Ersten Weltkrieg, an dem er als Soldat und ab 1916 als Kriegsmaler im k. u. k. Kriegspressequartier teilnahm, stellte er bereits in den Jahren 1910 bis 1914 erfolgreich in der Wiener Secession aus. Arpad Weixlgärtner urteilt 1911: „Er, der in Paris gelernt hat, führte sich bei dieser Gelegenheit mit zwei Radierungen sehr großen Formates aufs vorteilhafteste in seiner Vaterstadt ein. Besonders das Blatt mit dem großen Frauenakt im Vordergrund ist vorzüglich, es ist malerisch und dekorativ behandelt.“ Und die Zeitschrift The International Studio bezeichnete ihn anlässlich einer Ausstellung in der Budapester Königlich ungarischen Kunstgesellschaft als „an artist of great promise“ (1911).
In der Zwischenkriegszeit etablierte sich Horovitz weiter als erfolgreicher Künstler und verkehrte in den wichtigen kulturellen Kreisen Wiens. Von 1911 bis 1938 lebte er mit seiner Frau Rose in der Frankgasse 1 (9. Bezirk) in einem von Adolf Loos (1870–1933) gestalteten großzügigen Appartement (Einrichtung verloren). Er hatte die Wohnung von der Mutter des berühmten Arztes, Schriftstellers und Dramatikers Arthur Schnitzler (1862–1931) übernommen. Mit Schnitzler, einem Fixpunkt der Wiener Moderne, war er dann bis zu dessen Tod eng befreundet. Man traf sich häufig, auch mit bedeutenden Gästen, und fuhr gemeinsam in den Urlaub. Schnitzler erwähnte ihn in seinem Tagebuch Dutzende Male.
Die künstlerische Karriere von Armin Horovitz fand durch die Nationalsozialisten dann ein jähes Ende. Er konnte mit seiner Familie 1938 gerade noch rechtzeitig nach England fliehen. Dort war er, der sich nun zeitweise Armin Holt nannte, allerdings nur noch mäßig erfolgreich. Es sind nur wenige Werke nachweisbar, beispielsweise ein Porträt in Pastelltechnik eines Majors Fletcher von 1942. Seine Schwestern Stephanie Horovitz (1887–1942) – eine bedeutende Chemikerin und Psychologin – und Zofia Natanson (1878–1942) wurden 1942 im Vernichtungslager Treblinka ermordet. Die Schwester Janina Horovitz (1882–1941), eine begabte, aber psychisch labile Malerin – 1925 berichtet das Neue Wiener Journal von einem Suizidversuch, sie wurde jedoch von ihrem Bruder Armin gerettet –, scheint unter dem Terror der Nazis bereits 1941 gestorben zu sein.
Das hier angebotene Gemälde zeigt Carl Rössler (1864 Wien – 1948 London), der im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts ein bedeutender jüdischer Schauspieler, Regisseur, Schriftsteller und Librettist war und heute fast vergessen scheint. Zunächst als Schauspieler an Bühnen im deutschsprachigen Raum wirkend, gehörte er ab 1897 in München zum Kreis von Max Halbe (1865–1944), war 1900 Ensemblemitglied der German Dramatic Society in London und beschloss nach weiteren Engagements am Deutschen Theater Berlin und in München 1906, sich als freier Schriftsteller zu betätigen. Als Dramatiker und Librettist arbeitete er mit so bedeutenden Persönlichkeiten wie Kurt Tucholsky (1890–1935), Max Reinhardt (1873–1943) oder Lion Freuchtwanger (1884–1958) zusammen. Seine bekanntesten Werke sind etwa Der reiche Jüngling (1905) oder die Komödie Die fünf Frankfurter (1911), die sich – basierend auf der Familie Rothschild – versöhnlich mit der Problematik der jüdischen Assimilation auseinandersetzt und eines der meistgespielten Stücke in Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg war.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten durften Rösslers Stücke in Deutschland nicht mehr aufgeführt werden. Im April 1933 emigrierte er nach Wien und lebte in einem Altenheim, das er nach dem Novemberpogrom 1938 verlassen musste. Im Juni 1939 gelang ihm durch Vermittlung Rudolf Oldens (1885–1940) und dank einer Bürgschaft der Familie Rothschild die Emigration nach Großbritannien, wo er in Oxford und Cambridge lebte und schließlich im Londoner Altenheim des Laienordens der Alexianer starb.
Das großformatige Gemälde entstand 1937, also kurz bevor Maler und Dargestellter aus Wien vor den Nazis flüchten mussten. Während einige Fotografien von Carl Rössler existieren, ist das Bild wohl das derzeit einzig bekannte gemalte Porträt von ihm. Horovitz zeigt Rössler in der lässigen Pose des Bohemiens, als dessen Paradebeispiel er zeitlebens galt. In einem Lehnsessel mit Pfeife und Zeitung sitzend, erscheint er als eleganter Intellektueller fortgeschrittenen Alters. In Stil und Farbgebung, gerade bei den flächigen Partien des Hintergrunds, offenbart das Porträt den Einfluss von Leo Putz, bei dem Armin Horovitz in München studiert hatte. Ein in jedem Sinne außergewöhnliches Werk.
Max Oppenheimer, Porträt Lil Dagover, um 1938, Kohlezeichnung auf Papier, weiß gehöht, 51.5 x 40.5 cm, signiert mittig rechts „mopp.“, bezeichnet unten rechts „Lil Dagover“, ungerahmt.
Das Bild wurde aufwendig in Museumsqualität mit einem neuen Passepartout (90 x 70 cm) der Firma HALBE ausgestattet. Ein passender Rahmen mit Museumsglas (entspiegelt, sehr hoher UV-Schutz, antistatisch, abriebbeständig) der Firma HALBE kann auf Wunsch beschafft werden.
Max Oppenheimer, Portrait of Lil Dagover, c. 1938, charcoal drawing on paper, heightened with white, 51.5 x 40.5 cm, signed centre right "mopp.", inscribed below right (recto) “Lil Dagover”, unframed.
The picture was provided – in museum quality – with a new passe-partout (90 x 70 cm) of the company HALBE. A fitting frame – in museum quality – with museum glass (anti-reflective, very high UV protection, anti-static, abrasion resistant) of the company HALBE can be provided on request.
Max Oppenheimer (1885 Wien – 1954 New York City) gehört neben Oskar Kokoschka (1886–1980) und Egon Schiele (1890–1918) zu den Pionieren des österreichischen Expressionismus. Trotzdem war er – auch aufgrund seiner verfolgungsbedingten Migration – lange Zeit einer breiten Öffentlichkeit kaum noch bekannt, wurde jedoch in den letzten Jahren durch große Ausstellungen (Leopold Museum Wien, 2023; Belvedere Wien 2010/11) fulminant und zu Recht wieder in den Fokus gerückt.
Als Sohn des Journalisten Ludwig Oppenheimer (1828–1903) und dessen aus Prag stammender Frau Regina Knina (1851–1921) wird Maximilian Oppenheimer, Pseudonym MOPP, in Wiener jüdisch-intellektuelle Kreise hineingeboren. Sein Bruder war der Schriftsteller Friedrich Oppenheimer (1886–1960), der sich Friedrich Heydenau nannte, ein Vetter der Illustrator und Bühnenbildner Hugo Steiner-Prag (1880–1945). Nach einem Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien (1900–1903) und der Prager Kunstakademie (1903–1906) führt der homosexuelle Oppenheimer ein rastloses Künstlerleben, was sich unfreiwillig bis zu seinem Tod derart fortsetzen sollte.
Ab 1908 etabliert er sich als freischaffender Künstler in Wien, wo er Freundschaft mit Egon Schiele und Oskar Kokoschka schließt – eine eifersuchtsgeleitete Pressekampagne Kokoschkas 1911/12 beendet jedoch diese Freundschaft. Nach einer ersten Einzelausstellung in der Galerie Thannhauser in München und einer ersten Monografie (1911) übersiedelt er anlässlich einer Ausstellung bei Paul Cassirer 1912 nach Berlin bevor er 1915 nach Zürich zieht. Dort ist er 1916 Gründungsmitglied des Cabaret Voltaire und nimmt 1917 an der Ersten Dada-Ausstellung der Galerie Coray in Zürich teil. Hernach verlässt er die Dadaisten wieder und widmet sich in Genf vor allem der Verbildlichung von Musik unter Einbeziehung futuristischer und leicht kubistischer Stilmittel, was in seinem monumentalen Hauptwerk Orchester (1923) mündet. 1924 kurz in Wien, führt sein Weg schon 1925 wieder nach Berlin, wo er äußerst erfolgreich in einem durchaus individuellen Ansatz aus Neuer Sachlichkeit und Futurismus das großstädtische Lebensgefühl der Weimarer Republik in seinen Porträts und in Szenen aus der Welt des Sports und der Medizin wiedergibt.
1931 kehrt er nach Wien zurück. Schon 1933 wird sein Schaffen im Rahmen der Verfolgungswelle der SA nach dem Reichstagsbrand diffamiert, und 1937 werden im Zuge der Beschlagnahmungswelle nach der Propaganda-Schau „Entartete Kunst“ neun seiner Werke aus Museen in Berlin, Dessau, Hannover und Wuppertal durch die Nazis vernichtet. Gerade noch rechtzeitig vor dem sogenannten „Anschluss“ Österreichs 1938 kann er nach Zürich flüchten, wo er das viel beachtete autobiografische Buch Menschen finden ihren Maler veröffentlicht. Seine Wiener Wohnung in der Neulinggasse wird geplündert, die Gemälde und Grafiken seiner Sammlung konfisziert und teilweise zerstört. Anfang 1939 gelingt ihm die Emigration nach New York und ein Jahr später die Ausfuhr einiger seiner Arbeiten aus Österreich, die 1940 in New York in der aus Berlin vertriebenen Galerie Nierendorf gezeigt werden. Zwar ist seine Schaffenskraft ungebremst, doch greift er nun häufig auf Themen früherer Werke zurück, und es fällt ihm schwer, einen stabilen Kundenkreis aufzubauen. 1954 stirbt Max Oppenheimer verarmt und einsam in seiner New Yorker Wohnung. Sein Tod wird erst einige Tage später durch das Zimmermädchen bemerkt.
Die hier angebotene großformatige Kohlezeichnung zeigt einen der größten deutschsprachigen Stars des 20. Jahrhunderts, die Schauspielerin Lil Dagover (1887–1980). Geboren als Marie Antonie Sieglinde Marta Seubert in Pati im damaligen Niederländisch-Indien, wird sie in Großbritannien, Frankreich und der Schweiz erzogen und geht anschließend nach Weimar, wo sie ihren späteren Ehemann, den österreichischen Schauspieler Fritz Daghofer (1872–1936) kennenlernt. Die Ehe hält nur sechs Jahre, aber der davon abgeleitete Künstlername „Lil Dagover“ bleibt. Mit Hauptrollen wie in Das Cabinet des Dr. Caligari (1920) und in weiteren Filmen von Fritz Lang (1890–1976) oder Friedrich Wilhelm Murnau (1888–1931) wird sie zum gefeierten UFA-Star, spielt aber ebenso an Max Reinhardts (1873–1943) Deutschem Theater oder bei den Salzburger Festspielen, dreht sogar für Hollywood (1931).
Während der Zeit des Nationalsozialismus tut sie sich zwar nicht propagandistisch hervor, wehrt sich aber auch nicht gegen die Annahme von 23 (!) Rollen zwischen 1933 und 1944, den Titel Staatsschauspielerin (1937), das Kriegsverdienstkreuz für ihre Auftritte bei der Truppenbetreuung an der Front und die Aufnahme in die sogenannte „Gottbegnadeten-Liste“ 1944. Als Mitläuferin bleibt sie also ein gefeierter UFA-Star und kann ihre Karriere nach dem Zweiten Weltkrieg unbeschadet bis zu ihrem Tod 1980 fortführen. Aus der Nachkriegszeit sind insbesondere ihre Rollen in den Edgar-Wallace-Verfilmungen äußert beliebt.
Wann sich Max Oppenheimer und Lil Dagover kennenlernen, ist nicht bekannt. Spätestens 1930 sitzen sie jedoch gemeinsam mit anderen Kunstschaffenden wie Emil Jannings (1884–1950) oder Max Pechstein (1881–1955) in der Jury zur Wahl der Miss Germany in Berlin. Oppenheimer war schon Teil der Jury zur ersten Miss Germany-Wahl 1927 gewesen. 1931 entsteht eine Pastell- und Kohlezeichnung Oppenheimers, die Dagover als mondäne, stark geschminkte Frau von betörender Schönheit zeigt. In der hier angebotenen intimeren und unmittelbareren Kohlezeichnung erscheint sie jedoch gereifter und ernster. Aussehen und Stil entsprechen Fotos von Dagover, die 1938 beispielsweise in der Zeitschrift Filmwelt veröffentlicht werden. Da sich Oppenheimer und Dagover nach seiner Flucht und dem Zweiten Weltkrieg nach bisherigem Kenntnisstand nicht mehr getroffen haben, könnte die Grafik kurz vor Oppenheimers Emigration in den Jahren 1937/38 geschaffen worden sein.
Curt Ziegra, Porträt einer jungen Frau, 1928, fixierte Pastellkreide auf Velourpapier, aufgezogen auf Karton, 47 x 42 cm, signiert oben links "Curt Ziegra 28.“, ungerahmt.
Curt Ziegra, Portrait of a Young Woman, 1928, fixated pastel on velvet paper mounted on cardboard, 47 x 42 cm, signed above left "Curt Ziegra.", unframed.
Curt Ziegra (1878 Düsseldorf – 1946 Tegernsee) gehört zu den Künstlern, dessen Bedeutung durch den Terror der Nationalsozialisten nahezu ausgelöscht wurde und dessen Leben und Wirken daher heute nur noch bruchstückhaft nachvollziehbar ist.
Als Sohn des in Dresden geborenen und vor allem in Berlin tätigen Künstlers und Fotografen Max Ziegra (1852–1923) und dessen Frau Veronika studierte er zunächst an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin und im Wintersemester 1895/96 an der Königlichen Akademischen Hochschule für die Bildenden Künste zu Berlin, bildete sich ab 1899 an der Dresdner Kunstakademie bei Carl Bantzer (1857–1941) weiter und studierte schließlich ab 1904 an der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule Weimar bei Hans Olde (1855–1917). Dort ist er 1906 neben berühmten Malern wie Max Liebermann (1847–1935) oder Lovis Corinth (1858–1925) in der 3. Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes im Großherzoglichen Museum mit einem weiblichen Rückenakt vertreten, wie es Richard Muther im Feuilleton der Wiener Zeitung Die Zeit oder auch die Münchner Allgemeine Zeitung erwähnen. In Weimar ergibt sich ebenso der Kontakt mit dem prominenten Kunstförderer und Publizisten Harry Graf Kessler (1868–1937).
Ab 1907 ist Ziegra in München nachweisbar, wo sich aus Erwähnungen in den Münchner neueste Nachrichten schließen lässt, dass er sich in der Folgezeit bei Max Feldbauer (1869–1948), Mitglied der Scholle und der Münchner Secession, weiter fortbildete. Bis zum Ersten Weltkrieg kann sich Ziegra erfolgreich in München etablieren. Es werden in den Münchner neuesten Nachrichten „von Curt Ziegra licht- und farbenreiche pointillistische Landschaften“ gelobt (1911), er wird erster Schriftführer im Deutschen Künstlerverband München und stellt u. a. im Münchner Kunstverein und in Weimar aus. Am Ersten Weltkrieg nimmt er im Infanterie-Lieb-Regiment (München) teil, hauptsächlich als Kriegsmaler. Es entstehen von Kriegsschauplätzen bzw. -ortschaften Zeichnungen und Aquarelle, die teilweise ganzseitig in der Zeitschrift Jugend abgebildet (1916), in mehreren Kriegsbilderschauen in Berlin und München ausgestellt (1916) und in den Medien gelobt werden. Anlässlich der Ausstellung Kriegsbilder in Thannhausers Moderne Galerie schreiben die Münchner neuesten Nachrichten (1916): „Vieles gegenständliches Interessante ist unter den Zeichnungen von Kurt Ziegra zu finden.“
In diesen Jahren muss Curt Ziegra auch Anne Elisabeth, genannt Anne-Lise, geborene Schaefer, geschiedene Kösters (1885–?), kennengelernt haben. Diese war Französisch-Lehrerin am Werdenfels-Gymnasium (1918/19) und übernahm die Wissenschaftliche Leitung des Töchterheims Garmisch-Partenkirchen, welches, wie aus Annoncen u. a. im Hamburger Fremdenblatt (1919) hervorgeht, die wissenschaftliche und hauswirtschaftliche Weiterbildung sowie Mal- und Musikstunden anbot. Durch das benachbarte mondäne Kurheim Dr. Wigger lernte Kösters – und dadurch wahrscheinlich irgendwann ebenso Ziegra – viele berühmte Geistesgrößen ihrer Zeit kennen. Das belegt u. a. ein Brief von 1915 aus Davos an Olga Schnitzler (1882–1970), geborene Gussmann, damalige Frau des für die Wiener Moderne ungemein bedeutenden Dramatikers Arthur Schnitzler (1862–1931). Olgas Schwester Elisabeth, genannt Liesl, verheiratet mit dem damals bekannten Schauspieler Albert Steinrück (1872–1929), erkrankte schon früh an Lungentuberkulose und verbrachte ab 1910 ihre letzten Jahre im Sanatorium in Partenkirchen, wo sie viele bedeutende Kunst- und Kulturschaffende um sich scharte. Kösters wird in Arthur Schnitzlers Tagebüchern der Jahre 1917 und 1918 insgesamt 14mal erwähnt. Sie nimmt teil an gemeinsamen Ausflügen, Essen und an einer Séance (07.09.1917) und lernt u. a. Heinrich Mann (1871–1950) und Tilly Wedekind (1886–1970) kennen. In einem Traum Schnitzlers (22.11.1918) kommen die Söhne von Anne-Lise vor – einer der Söhne ist der 1910 geborene Chemotechniker Helmut Kösters.
Schnitzler erwähnt sie noch ein weiteres Mal im Jahr 1922, als es um die Frage geht, ob seine Tochter Lili (1909–1928), die später den Offizier Arnoldo Cappellini heiraten und sich 1928 in Venedig umbringen wird, „bei Frau Ziegra (Schule in Partenk. für junge Mädchen)“ untergebracht werden solle. In der Zwischenzeit haben sich also Curt Ziegra und Anne-Lise Kösters kennengelernt und wohl 1919 geheiratet. Im selben Jahr stellt Ziegra, der nun in Partenkirchen wohnt, in den Graphischen Werkstätten München aus, worüber die Münchner neuesten Nachrichten schreiben: „Kurt Ziegra, der als Kriegsmaler tätig war, zeigt eine Anzahl Zeichnungen. Geistreiche, flüchtig hingeschriebene und dabei lebhaft vibrierende Ansichten von Moscheen und Kathedralen, von Boulevards, von Donau und Somme. Berichterstattung, die das Einzelne nicht verschweigt und das Tatsächliche lebendig macht.“ Auch in den Folgejahren ist Ziegra ein erfolgreicher Künstler, porträtiert beispielsweise Gabriele Münter (1877–1962) und stellt u. a. in der Münchener Kunstausstellung im Glaspalast (1924) und der Berliner Secession (1926) aus. 1926 ist er wieder in der Münchner Liebigstraße 17 gemeldet.
Ob Curt und seine Frau noch ein Paar sind, als unter den Nationalsozialisten das Unglück über ihn hereinbricht, lässt sich nicht verifizieren. Anne-Lise ist nur noch einmal greifbar, indirekt durch eine Annonce in den Münchner neuesten Nachrichten im Jahr 1931: „Frau Dr. med. E. Spindler’s Kur- u. Töchterheim auf Schloß Gumpenburg / Partenkirchen / neben Wiggers Kurheim, früh. Töchterheim Ziegra“. Aufgrund seiner jüdischen Abstammung wird Curt Ziegra 1936 aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen. Zu dieser Zeit scheint er schon eine Weile in Hamburg zu leben. Obwohl NSDAP-Mitglied, versteckte ihn ab 1938 der Hamburger Chemiewaffenentwickler Hugo Stoltzenberg in dessen Villa in Othmarschen. Um 1940 ist Ziegra nachweisbar in der Caprivistraße 28 in Blankenese. Noch 1943 entstehen Werke wie eine Kreidezeichnung, die von glücklicheren Partenkirchner Tagen zeugen. Nach dem Krieg wohnte er in der Pippinstraße 19 in Gauting. Er starb 1946 in einem Krankenhaus in Tegernsee.
Neben einigen schönen Arbeiten Ziegras im Münchner Lenbachhaus sind nur noch wenige weitere Werke einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich bzw. erhalten. Das hier angebotene Pastell von 1928 gehört trotz des nicht optimalen Erhaltungszustandes zu seinen stärksten Arbeiten überhaupt. Zu sehen ist eine junge, bisher nicht identifizierte Frau mit blauen Augen und blondem Bubikopf, ganz den Betrachtenden zugewandt. Diese Frisur war in den 1920er Jahren äußerst beliebt und spiegelt das selbstbewusstere Frauenbild der Zeit wider. Dementsprechend war sie hernach ein Hassobjekt der Nazis und es grassierte der Spruch „Arisch ist der Zopf, jüdisch ist der Bubikopf.“ Der Deutsche Turnerbund schloss mit dem Slogan Frauen mit dieser Frisur von turnerischen Betätigungen aus. Eindrücklich hebt sich das rotleuchtende Gewand der Dargestellten vor dem dunklen, changierenden Hintergrund ab. Ausgehend von seinen pointillistischen Experimenten der 1910er Jahre, arbeitet Ziegra hier mit einem ganz eigenen Ansatz von Unschärfe, die der Dargestellten etwas Geheimnisvolles gibt.
Insbesondere von den Nationalsozialisten wurden viele jüdische, kommunistische und nonkonforme Kunstschaffende verfolgt, als "entartet" diffamiert, gefoltert und ermordet. Ihre oftmals vielversprechenden Karrieren und progressiven Kunstwerke wurden vernichtet, sie konnten als sog. "Verlorene Generation" oder in der Diaspora nach dem Zweiten Weltkrieg nicht an ihre früheren Erfolge anknüpfen und ihr Andenken wurde nachhaltig und teilweise bis heute zerstört. Diese Kunstpersönlichkeiten sollen hier dem Vergessen oder der Bedeutungslosigkeit entrissen und ihre Geschichte durch ihre Werke neu erzählt werden. Daher fallen die Texte dieser Kategorie noch einmal ausführlicher aus.
Emilie von Hallavanya, Porträt einer jungen Frau, 1914, Öl auf Leinwand, 67.5 x 54.8 cm, signiert unten links "E. v. Hallavanya 1914“, gerahmt (86 x 73 cm).
Emilie von Hallavanya, Portrait of a Young Woman, 1914, oil on canvas, 67.5 x 54.8 cm, signed lower left "E. v. Hallavanya 1914", framed (86 x 73 cm).
Emilie von Hallavanya (1874 Pula – 1960 München) war eine der bedeutendsten Künstlerinnen im frühen 20. Jahrhundert und wurde doch lange vollkommen vergessen. Erst in jüngster Zeit wird sie wiederentdeckt, jedoch werden ihre späteren Werke nach 1933 aufgrund ihrer frühen Begeisterung für den Nationalsozialismus heute als problematisch angesehen. Ihr Schaffen teilt sich somit in eine Zeit vor 1933 und danach, was sie zu einer spannenden Persönlichkeit macht, denn gemeinhin werden weibliche Kunstschaffende kaum mit der Nazi-Zeit verbunden.
Als Tochter des k. u. k. Generalmajors Karl Hallavanya von Radoičić (1831–1897) und seiner Frau Emilie, geborene Czeschka Edle von Maehrenthal (1846–1935), erhielt Emilie von Hallavanya bereits als 14jährige ab 1888 eine künstlerische Ausbildung an der Grazer Zeichenakademie bevor sie ab 1893 an der Damenakademie in München bei Ludwig von Herterich (1856–1932) studierte. Hernach bildete sie sich auf Reisen nach Italien und Paris fort, lebte wechselnd in München und Graz, wurde Teil der Künstlerkolonie auf der Fraueninsel im Chiemsee (1909) und bezog 1908 dauerhaft eine Wohnung mit Atelier in der Münchner Theresienstraße 136/1 bis zu deren Ausbombung 1944. Sie unterrichtete von 1911 bis 1920 an der Damenakademie, führte aber auch eine private Mal- und Zeichenschule, die u. a. Sommerkurse an wechselnden Orten anbot. Die unverheiratet gebliebene Emilie wurde nach ihrem Tod im Grab der Familien von Lossow und von Soxhlet auf dem Alten Friedhof in Pöcking am Starnberger See beigesetzt – über die Verbindung zur Familie von Soxhlet gibt ein Porträt Hinweise (siehe Kunst und Krempel, BR, 16.03.2013).
Sie war Mitglied und mehrfach Ausstellende in der Münchner Secession, der Wiener Secession, im Kunstverein München, der Vereinigung bildender Künstlerinnen in Wien, im Wiener Hagenbund, im Münchner Glaspalast, im Grazer und Prager Kunstverein, bei P. H. Beyer und Sohn in Leipzig, in der Arbeitsgemeinschaft Münchner Künstlerinnen und der Galerie Heinemann. Später während der Zeit des Nationalsozialismus präsentierte sie Werke auf fast allen Großen Deutschen Kunstausstellungen, der Staatlichen Kunstausstellung München, der Ausstellung der Kameradschaft Münchener Künstler und ähnlichen propagandistischen Schauen.
Das hier angebotene Porträt einer noch nicht identifizierten jungen Frau, die uns mit selbstbewusst-forschendem Blick anschaut, stammt aus der bedeutendsten Phase ihres Schaffens (zwischen 1905 und 1920). War sie anfangs noch stark von Wilhelm Leibl (1844–1900) beeinflusst, so tritt nach 1900 eine Anlehnung an die spätimpressionistische Malerei eines Leo Putz (1869–1940) und anderer Maler der Münchner Künstlervereinigung Die Scholle hinzu. Dies zeigt sich in der breitflächig-fleckenhaften Gestaltung des Hintergrunds und der pastosen, skizzenhaft wirkenden Malweise in der Darstellung der Person und ihres Gewandes. Hallavanya zeichnet sich darüber hinaus jedoch durch eine ganz eigene, offensive Farbverwendung aus. Das intensivrote Kleid mit tiefblauem Band, das die Mode kurz vor dem Ersten Weltkrieg spiegelt, kontrastiert stark mit der weißen Bluse darunter und der hellen Haut der jungen Frau. Beide Elemente werden noch verstärkt durch den changierenden, olivgrün gehaltenen Hintergrund.
Diese Farboffensive wird denn auch in den vielen medialen Beiträgen jener für die Künstlerin höchsterfolgreichen Zeit, in der u. a. die bedeutende Zeitschrift Jugend ihr Gemälde Im Morgenkleide ganzseitig abbildet (1917), betont. So schwärmt Österreichs Illustrierte Zeitung (1911), ihre Werke seien „sehr flott charakterisiert und bestrickend reizvoll in den Farben.“ Die Münchner neuesten Nachrichten loben 1910, Hallavanya sei „eine Künstlerin, die ein reiches Farbengefühl und, ohne jene gewisse Malerinnen-Kraftmeierei zu zeigen, im besten Sinne Schneid besitzt!“ Die starke Farbgebung verstört jedoch manch Kritiker wie Max Glaß im Wiener Montagsblatt Der Morgen (1914): „Hallavanya geht auf starke Farbenwirkung, aber es fehlt Mäßigung und Abtönung.“
Typisch für diese Jahre ist, dass die fast immer männlichen Kommentatoren in für uns heute häufig sehr chauvinistischer Manier die Malerei von Frauen durch den männlichen Blick manchmal bewusst, oftmals unbewusst abwerten. So ist es für den heutigen Lesenden ein vergiftetes Lob, wenn die Münchner neuesten Nachrichten 1903 behaupten, „die Arbeiten von Emilie v. Hallavanya zeigen eine männliche, energische Hand“. Oder wenn die Wiener Reichspost 1927 schreibt: „Beherrschend ist die Münchnerin Emilie v. Hallavanya, deren fast männlich-kraftvolle Malweise verblüfft. Ihre Pinselführung ist breit und sicher, der kompositionelle Aufbau der Bilder beachtenswert und ihre Farbgebung durchaus interessant; … keine der Malerinnen reicht an Emilie v. Hallavanya heran.“
Dass sie eine Ausnahmekünstlerin ist, betonen viele Beiträge. Noch 1927 konstatiert der bekannte Kulturjournalist Hermann Menkes im Neuen Wiener Journal in seinem Artikel Die Frau als Malerin (!): „Die Münchnerin Emilie v. Hallavanya zeigt in ihren wohlerwogenen Kompositionen seine malerische Kultur. Atelier, Besuch gehören zu den stärksten Dingen der Ausstellung“. Schon 1911 erklären sie die Münchner neueste Nachrichten „zu den Talentvollsten unter unseren malenden Frauen“. Und 1913 stellt dieselbe Zeitung fest: „Unter den malenden Frauen behauptet, wie immer, auch heuer Emilie v. Hallavanya einen der ersten Plätze. Ihre Farbe ist von fröhlichem und harmonischem Reichtum, die Dame im Morgenkleide und die Dame in Schwarz mit den Orangen sind von unaffektierter gesunder Wahrheit der Erscheinung und ein Fruchtstilleben von juwelenhaftem, farbigem Glanz.“
Neben dem um 1905 entstandenen Selbstporträt der Künstlerin im Münchner Lenbachhaus, das zu den beliebtesten Werken des Museums zählt und das in den letzten Jahren ein Highlight in prominenten Ausstellungen u. a. in der Berliner Alten Nationalgalerie war, zählt das hier angebotene Porträt zu Hallavanyas stärksten Gemälden. Es ist die Arbeit einer Malerin, die derzeit fulminant wiederentdeckt wird, deren spätere Schaffensphase nach 1933 jedoch durch die Anpassung an die Stil- und Motivvorgaben der Nazis getrübt ist. Sie ist im Gegensatz zu den vielen Kollegen der Münchner Schule auch keine malende Mitläuferin, sondern tritt bereits 1933 in die NSDAP ein und wird sich bis 1945 sehr für den Nationalsozialismus engagieren. Auch in diesem Sinne ist sie eine – leider negative – Ausnahmeerscheinung unter den Künstlerinnen, was sie paradoxerweise jedoch historisch umso relevanter macht.
Helen Iversen, Königskerzen am Chiemsee, um 1900, Öl auf Leinwand, 60 x 75 cm, signiert unten rechts "Helen Iversen“, bezeichnet auf Rückseite „Helen Iversen / Charlottenburg Spandauerstr. 19 / Königskerzen am Chiemsee“ (Klebezettel oben), „Königskerzen am Chiemsee / Abt[ei] Fraueninsel“ (Klebezettelfragment unten) sowie diverse Händlerbeschriftungen und Auktionsnummern, gerahmt (71 x 86.5 cm).
Helen Iversen, Great Mullein at the Chiemsee, c. 1900, oil on canvas, 60 x 75 cm, signed lower right "Helen Iversen", inscribed verso “Helen Iversen / Charlottenburg Spandauerstr. 19 / Königskerzen am Chiemsee“ (label above), „Königskerzen am Chiemsee / Abt[ei] Fraueninsel“ (label fragment below), and diverse dealer inscriptions and auction house numbers, framed (71 x 86.5 cm).
Helen Iversen (1857 Voßberg bei Cismar – 1941 Berlin), eigentlich Helene Iversen, studierte an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin im Schüleratelier von Karl Gussow (1843–1907) bevor sie sich bei dem Tier-, Stillleben-, Landschafts- und Porträtmaler Eugene Joors (1850–1910) in Antwerpen weiterbildete. Anschließend ging sie nach Paris, wo sie mit den neuesten Strömungen in der Kunst in Kontakt kam. Die meiste Zeit ihres Lebens verbachte sie hernach in Berlin. Sie war Mitglied des Vereins der Berliner Künstlerinnen von 1886 bis 1927, wurde jedoch 1897 auch in die Münchener Künstler-Genossenschaft aufgenommen. Iversen war eine erfolgreiche Künstlerin, die auf wichtigen Ausstellungen u. a. in Berlin, Dresden, München, Stuttgart, Chur und Breslau vertreten war. Verkäufe ihrer Werke sind beispielsweise für die Große Berliner Kunstausstellung (1913, 1916) und im Münchner Glaspalast (1895) nachweisbar. 1901 wurden in der renommierten Zeitschrift Kunstchronik ihre „recht farbigen Blumenstudien“ lobend erwähnt.
Diese eindrückliche Farbigkeit ihrer Werke zeigt sich besonders auch in dem hier angebotenen Gemälde. Die großformatige Arbeit ist auf der Fraueninsel im Chiemsee entstanden, worüber ein fragmentierter Klebezettel auf der Rückseite Auskunft gibt, und scheint den Blick von der Südspitze der Fraueninsel, wo die mittelalterliche Abtei Frauenwörth steht, über den See auf die oben noch mit etwas Schnee bedeckten Berge um die Kampenwand zu verbildlichen. Zwischen Herreninsel und Fraueninsel taucht von rechts ein Segelboot auf. Als Betrachtende hat man die Impression, vor dem bläulichen Hintergrund des Sees in einen gelb-grünen Farbenrausch eingetaucht zu sein. Es mag ein sonniger Tag Anfang Juni sein, an dem die imposanten Königskerzen in voller Blüte stehen und ihren betörenden Duft abgeben.
Zuletzt lebte Iversen in Berlin-Charlottenburg im Wilhelm-Stift in der Spandauerstraße 19 (heute Spandauer Damm 62). Sie starb dort 1941 an einem Schlaganfall. Einer der Klebezettel auf der Rückseite des Gemäldes erwähnt den Titel des Werkes, zusammen mit ihrer letzten Adresse im Wilhelm-Stift. Es ist also davon auszugehen, dass Iversen das Gemälde bis zu ihrem Tod bei sich hatte und es hernach aus ihrem Nachlass verkauft wurde. Das Motiv scheint so erfolgreich gewesen zu sein, dass sie Variationen des Sujets fertigte. So stand eine etwas größere Version des Gemäldes 2009 bei Hampel zum Verkauf. Eine weitere, ähnlich große Version mit leichten Abwandlungen wie die hier angebotene wurde 2015 bei Weschler’s in Washington D.C. aus dem William J. Trainor, Jr. Trust verkauft. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das hier angebotene Bild die erste Version ist, welche die Künstlerin bis zuletzt behalten hatte.
Eugenie von Schacky, Kakteen, 1925, Öl auf Leinwand, 65 x 80 cm, signiert unten rechts „E. von Schacky“, auf Rückseite des Rahmens ein Aufkleber mit der Bezeichnung „E. v. Schacky / Kakteen“ und ein Jugendstilaufkleber der Rahmenhandlung „Emil Plesko / Vergolder / München / Barerstrasse 67 / Anfertigung von Ausstellungsrahmen / Kirchliche Kunst: / Renovierungen etc.“, gerahmt (77 x 99.5 cm).
Eugenie von Schacky, Cacti, 1925, oil on canvas, 65 x 80 cm, signed lower right "E. von Schacky", verso on the frame a label inscribed with “E. v. Schacky / Kakteen” and a label in Art Nouveau style of the frame shop “Emil Plesko / Vergolder / München / Barerstrasse 67 / Anfertigung von Ausstellungsrahmen / Kirchliche Kunst: / Renovierungen etc.“, framed (77 x 90.5 cm).
Eugenie Mattes Freiin von Schacky auf Schönfeld (1884 Passau (?) –1965 München) wurde als Tochter des erfolgreichen Architekten, Ingenieurs und Verwaltungsbeamten Dr. Eugen Freiherr von Schacky auf Schönfeld (1848–1912) und seiner bürgerlichen Frau Natalie, geb. Gutmayr (1851–1925), in eine bayerische Adelsfamilie norditalienischen Ursprungs (Sacco) geboren, deren Mitglieder bei Hofe, in Verwaltung und Militär, aber auch in den Wissenschaften und der Baukunst immer wieder herausragende Positionen bekleideten. Sie ist als Person und Künstlerin heute wenig greifbar – wir wissen beispielsweise nichts über ihre künstlerische Ausbildung –, was vielleicht auch in ihrer Herkunft begründet sein mag.
Denn nach ihrer Hochzeit 1928 mit dem bedeutenden Bildhauer Georg Mattes (1874–1942), Professor an der Akademie der Bildenden Künste München, und der Geburt der Tochter Maria 1929 beendete sie ihre künstlerische Laufbahn. Die Familie bewohnte nun in der Villenkolonie in Obermenzing (Rubensstraße 1) eine prächtige Villa, ausgestattet mit einem Atelier. Eugenie, ihr Mann und ihre Tochter wurden beigesetzt im Familiengrab der Schacky auf Schönfeld auf dem St. Severin-Friedhof in Passau. Der Nachlass von Eugenie wie auch der ihres Mannes befindet sich im Stadtarchiv München.
Bevor sie in für damalige Verhältnisse fortgeschrittenem Alter von 44 Jahren heiratete, hatte Eugenie von Schacky durchaus bereits erfolgreich künstlerische Spuren hinterlassen. So stellte sie häufig im Münchner Kunstverein und mehrfach im Münchner Glaspalast und dem Augsburger Kunstverein aus, aber auch in weiter entfernten Institutionen wie dem Schlesischen Kunstverein in Breslau. Manche ihrer Gemälde wurden hernach als Postkartenmotiv vertrieben. Zudem fertigte sie Entwürfe u. a. für bayerische Briefmarken, wofür sie beispielsweise 1920 Preise erhielt.
Das hier angebotene großformatige Stillleben mit dem Titel Kakteen wurde 1925 in der Münchener Kunstausstellung im Glaspalast ausgestellt, worüber der zugehörige Katalog Aufschluss gibt (Nr. 1483). Die Zeitschrift Deutsche Kunst und Dekoration subsumiert von Schackys Ansatz als „…eine sehr gegenständliche Blumenmalerei, die wieder modern werden wird“ (56.1925). Es ist die Zeit, in der die expressionistische Malerei von der Neuen Sachlichkeit in Frage gestellt wird. So brilliert auch dieses Stillleben in nüchterner Gegenständlichkeit. Vor neutralem Hintergrund ist die Komposition reduziert auf wenige kleine Terrakotta-Töpfe mit Sukkulenten auf einem einfachen Holztisch, einen mittleren Topf mit einem Feigenkaktus, in dessen überstülpter grüner Glasglocke sich virtuos ein Fenster spiegelt, sowie ein großer Topf mit einem Weihnachtskaktus. Im Kontrast zur tonigen Farbgebung aus Braun, Beige und Grün stechen dessen knallig-rote Kakteenblüten umso eindrücklicher hervor. Eugenie von Schacky zeigt sich in diesem Stillleben als Meisterin der Lichtführung, aber auch der Detailgenauigkeit. Umso bedauerlicher ist es daher, dass sie nach ihrer Heirat ihre künstlerische Laufbahn beendete – ein Schicksal, das sie mit vielen weiblichen Kunstschaffenden damaliger Zeiten teilt.
Hedwig Marcella von Störck, Selbstporträt (?), um 1930, Öl auf Leinwand, 71.5 x 53 cm, signiert unten links „H. M. STÖRCK WIEN“, ungerahmt.
Hedwig Marcella von Störck, Self-portrait (?), c. 1930, oil on canvas, 71.5 x 53 cm, signed lower left "H. M. STÖRCK WIEN", unframed.
Baronesse Hedwig Marcella von Störck (1886 Sankt Lorenzen im Mürztal – 1956 Wien) ist als Person wie als Künstlerin kaum greifbar. Sie war die Tochter von Baron Paul von Störck (1850–1920), einem steirischen Landtagsabgeordneten und einem der führenden Organisatoren des k. u. k. landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen in Österreich. Er bewirtschaftete Schloss Oberlorenzen im Mürztal bei Graz. Hedwig lebte eine Zeit lang in Graz, verbrachte aber die meiste Zeit ihres Lebens in Wien. Die unverheiratet gebliebene Künstlerin wurde auf dem Hietzinger Friedhof im Familiengrab derer von Störck beigesetzt.
So wie eine ganze Reihe von anderen adligen Damen war sie in den 1910er Jahren Schülerin an der von einem Verein getragenen Wiener Frauenakademie, an der beispielsweise die bedeutende Malerin Tina Blau (1845–1916) lehrte, die zugleich eine der Gründerinnen war. Hedwig verkehrte auch in den kulturellen Kreisen ihrer Zeit. Beispielsweise ist ein gemeinsamer Kuraufenthalt in Bad Aussee 1906 mit der in Graz ansässigen Theaterschauspielerin, Literatin und Salonière Stefanie Tyrka-Gebell (1854–1949) – eine Freundin u. a. von Robert Musil (1880–1942) – nachweisbar. Insgesamt haben sich sehr wenige Arbeiten von Störcks erhalten. Neben einer genrehaften Kinderszene sind es vor allem Radierungen mit Wiener Stadtdarstellungen.
Das hier angebotene Gemälde ist also eher ein außergewöhnlicher Solitär im Schaffen der Künstlerin. Es ist ein knallig-buntes, lebensbejahendes Statement einer Frau der Wiener gehobenen Schichten. Ausgestattet mit einem großen Hut und einer ausladenden Federboa, ist dieses Porträt einer nicht mehr ganz jungen Dame der Gesellschaft stilistisch anzusiedeln irgendwo zwischen Art Déco und der aufkommenden Malerei der 1930er Jahre. Bei dem Gemälde könnte es sich um ein Selbstporträt handeln.
Über Jahrhunderte und bis in das 20. Jahrhundert hinein wurde die Kunst von Frauen systematisch unterdrückt, ihre Bedeutung nachhaltig heruntergespielt und ihre Werke von männlichen Beurteilenden als ungenügend gebrandmarkt. Jenseits von einigen prominenten Ausnahmen wie Rosalba Carriera oder Angelika Kauffmann, die Superstars ihrer Zeit waren, wurde ihnen an den Akademien die höchsten Klassen wie die Historienmalerei verweigert oder der Zutritt gleich vollkommen verwehrt, sie mussten teilweise ihre Werke unter dem Namen ihres Mannes, Bruders oder Vaters veröffentlichen oder ihre Karriere nach einer Heirat ganz beenden. Daher erscheinen Künstlerinnen hier epochenunabhängig als separate Kategorie, um ihre Positionen besonders zu thematisieren und die Vielzahl an neu zu entdeckenden oder in ihrer Bedeutung zu rehabilitierenden weiblichen Kunstschaffenden in den Fokus zu rücken.
Carola Baer-von Mathes, Wiesenbach, um 1900, Öl auf Leinwand, aufgezogen auf Karton, 35.8 x 30 cm, signiert unten recht „C. Baer“, gerahmt (51 x 45 cm), auf der Rückseite Etikett der Galerie am Isartor und weitere nicht identifizierbare Bezeichnungen.
Carola Baer-von Mathes, Meadow Creek, c. 1900, oil on wood, mounted on cardboard, signed lower right "C. Baer", framed (51 x 45 cm), on the backside a label of the Galerie am Isartor and further non-identifiable letters and figures.
Carola Baer-von Mathes (1857 Ried im Innkreis – 1940 München) ist ein Beispiel für eine ganze Reihe von Malerinnen, deren Karriere durch die Fokussierung auf ihren Mann beeinträchtigt wurde und die es nun wieder zu entdecken gilt. Als Tochter des in Salzburg tätigen k. u. k. Hofrats und Gerichtspräsidenten Karl von Mathes geboren, studierte sie bei dem Landschaftsmaler Fritz Baer (1850–1919) in München, dessen Ehefrau sie im Oktober 1890 wurde. Das Paar zog 1893 nach Pasing bei München in eine Villenkolonie. 1910 erwarben sie zusätzlich eine Mühle in Berwang als künstlerischen Rückzugsort.
Baer-von Mathes war zunächst stilistisch und thematisch stark von ihrem Mann beeinflusst, fand aber rasch zu ihrer eigenen Malweise. So wird bereits 1893 in der Zeitschrift Der Kunstwart Fritz Baer für seine Konventionalität gerügt, zugleich aber seine „ungewöhnlich begabte Gattin, Carola Baer-Mathes“ gelobt. Ab 1891 stellte sie regelmäßig im Münchner Glaspalast, der Münchner Secession und im Kunstverein aus. Von 1890 bis 1894 leitete sie die Landschafts- und Stilllebenklasse des Münchner Künstlerinnenvereins, hernach lehrte sie bis 1899 die Fächer Blumen, Stillleben und Landschaft an der vom Verein geführten Münchner Damenakademie.
Nach dem Tod von Fritz Baer widmete die überaus renommierte Münchner Galerie Heinemann 1921 dem Ehepaar eine große Gruppenausstellung. Im zugehörigen Katalog behauptet Georg Jacob Wolf: „Nach ihrer Verheiratung mit Fritz Baer schränkte die Künstlerin ihre malerische Tätigkeit auf ein Minimum ein; anderthalb Jahrzehnte hindurch hat sie überhaupt nicht mehr gemalt; erst während der Krankheit ihres Mannes ist sie auf seinen Wunsch wieder an die Staffelei getreten…“. Wahr oder nicht, interessanterweise werden in der Gedenkschau mit 58 Arbeiten weitaus mehr Werke von ihr ausgestellt als von ihrem Mann. Ihre Motive fand Carola Baer vor allem in der Umgebung Münchens. So auch bei unserem Bild, wo sie in strahlend heiteren Farben ein kleines Gewässer am Rande einer Wiese mit mächtigen Bäumen – vielleicht im Dachauer Moos – an einem sonnendurchfluteten Sommertag darstellt.
Bei dem Gemälde mag es sich um das als Wiesenbach betitelte Werk handeln, das in der Gedächtnisausstellung von 1921 (Los 75) erwähnt wird und dann 1954 im Stuttgarter Kunstkabinett Roman Norbert Ketterer im Zuge der Nachlassversteigerung der Galerie Zinckgraf (Los 26) angeboten wurde. Die etwas divergierenden Maßangaben mögen ihren Grund in unterschiedlichen Rahmen finden.
David Cox d. Ä., Weite Landschaft mit Frau und Hund an einem Teich vor dramatischer Wolkenkulisse, um 1840/50, Öl auf Holz, 30 x 41 cm, signiert unten rechts „David Cox“, gerahmt (38 x 49.5 cm), restaurierter Riss mit rückseitigen Holzverstärkungen.
David Cox the Elder, An extensive Landscape with a Woman and her Dog at a Pool, c. 1840/50, oil on wood, 30 x 41 cm, signed lower right "David Cox", framed (38 x 49.5 cm), a crack in the panel was restored and fixed.
David Cox der Ältere (1783 Birmingham – 1859 Birmingham) gilt als einer der bedeutendsten englischen Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts. Aus einfachen Verhältnissen bei Birmingham stammend, ging er zunächst bei einem lokalen Miniaturmaler in die Lehre bevor er 1804 nach London zog, wo er bei dem renommierten Landschaftsaquarellisten John Varley (1778–1842) Unterricht nahm. Schon bald spezialisierte er sich äußerst erfolgreich auf die Aquarellmalerei im Landschaftsfach, stellte ab 1805 regelmäßig in der Royal Academy of Arts aus, wurde Mitglied in der Society of Painters in Water Colour und unterrichtete insbesondere adlige Schüler wie den späteren Earl of Plymouth. Er verfasste viel beachtete Publikationen, von denen A Treatise on Landscape Painting and Effect in Water Colour die bedeutendste ist.
Nach 1814 wohnte er zunächst einige Jahre in Hereford, dann wieder in London und schließlich ab 1841 bis zu seinem Tod dauerhaft in Birmingham. Er schuf vor allem Ansichten von den Home Counties (= die Regionen um London), Nordwales, Yorkshire, Derbyshire und Devon. Aber er unternahm auch Studienreisen nach Holland, Belgien und Frankreich. Viele seiner Werke befinden sich heute in den bedeutendsten Museen Großbritanniens und weltweit. Bereits im 19. Jahrhundert wurden sie in Frankreich und Deutschland stark rezipiert und auf dem Kunstmarkt gehandelt. Sein Sohn David Cox der Jüngere (1809–1885) wurde ebenfalls ein erfolgreicher Landschaftsmaler.
1840 beschloss Cox unerwarteterweise, sich der Ölmalerei zu widmen – also sein Erfolgsmodell Aquarell hintanzustellen. Es entstanden bis zu seinem Tod noch ungefähr 300 Ölbilder, die heute als „one of the greatest, but least recognised, achievements of any British painter“ (Scott Wilcox im Burlington Magazine) erachtet werden. Eines davon ist das hier angebotene Bild, das charakteristisch ist für diese Spätphase: Ähnlich wie sein Zeitgenosse William Turner (1775–1851), mit dem er sich laut der älteren Literatur gut verstanden haben soll, arbeitet er immer mehr skizzenhaft und seine an der Wiedergabe von Wind, Wetter und Wolken orientierten Landschaften bestechen durch eine Auflösung konkreter Formen. Wurde er zu Lebzeiten für diese „Finalität des Skizzenhaften“ bisweilen heftig kritisiert, so wird er heute als ein Wegbereiter des Impressionismus in England angesehen.
Adolf Seel, Porträt eines Orientalen, 1874, Aquarell, Tinte und Feder auf Papier, aufgezogen auf Pappe, 24.5 x 21.5 cm, signiert unten links "A. Seel" und unten rechts "Cairo 1874".
Das Bild wurde aufwendig in Museumsqualität mit einem neuen Passepartout und einem neuen Rahmen (40 x 60 cm) mit Museumsglas (entspiegelt, sehr hoher UV-Schutz, antistatisch, abriebbeständig) der Firma HALBE ausgestattet.
Adolf Seel, Portrait of an Oriental Man, 1874, watercolor, ink and pen on paper, mounted on cardboard, signed lower left "A. Seel" and lower right "Cairo 1874".
The picture was provided – in museum quality – with a new passe-partout and a new frame (40 x 60 cm) with museum glass (anti-reflective, very high UV protection, anti-static, abrasion resistant) of the company HALBE.
Adolf Wolfgang Seel (1829 Wiesbaden – 1907 Dillenburg) gilt als herausragender Architekturmaler der Düsseldorfer Malerschule und war einer der Gründer des berühmten Künstlervereins Malkasten. Nach dem Studium an der Akademie Düsseldorf (1843–1849) bei Karl Ferdinand Sohn (1805–1867), während dessen er Freundschaft mit bedeutenden Malern wie Ludwig Knaus (1829–1910), Wilhelm Busch (1832–1908) oder Anselm Feuerbach (1829–1880), der ihn porträtierte, schloss, bildete er sich durch Studienaufenthalte in Paris (1864) und Venedig (1865) weiter. Er bereiste Spanien, Portugal und Nordafrika (1870/71) und in den Jahren 1873/74 den Vorderen Orient. Seine architektonisch genaue Wiedergabe v. a. arabischer, maurischer und byzantinischer Bauwerke machte in berühmt und übte Einfluss auf nachfolgende Generationen an Architekturmalern aus. Er erhielt u. a. den Preußischen Kronorden (1869), die Erzherzog-Carl-Ludwig-Medaille und die Große Goldene Medaille der Stadt Wien (1876) und war Ehrenmitglied der Société Royale Belge des Aquarellistes.
Seels herausragende Darstellung eines Arabers, die – wie von ihm selbst auf dem Blatt vermerkt – 1874 in Kairo entstand, beruht auf eigenen Reiseerfahrungen vor Ort, was ihn von vielen orientalistischen Malern unterscheidet. Das Porträt ist nicht nur mit künstlerischer Verve und großer Detailgenauigkeit – man beachte den eleganten Bart oder den leichten Einriss in der Unterlippe des Mundes – gemalt, sondern auch mit einer hohen Sensibilität für die Würde der dargestellten Person. Es findet sich nichts Desavouierendes oder Karikierendes in der Darstellung dieses würdevollen schlanken Charakterkopfes, dessen Namen wir nicht kennen. Im Gegenteil: Das Blatt zeugt von Seels genuinem Interesse an anderen Kulturkreisen, am Orient und seinen Bewohnerinnen und Bewohnern.
Werke von Adolf Seel finden sich u. a. in den Staatlichen Museen zu Berlin, im Museum Kunstpalast Düsseldorf oder im Museum Wiesbaden. Ob es sich bei dem 1915 aus dem Eigentum des Aachener Professors Mathias Streicher im Auktionshaus Anton Creutzer vorm. M. Lempertz verkauften Porträt. Brustbild eines jungen Arabers mit Turban, bezeichnet als „Feine Handzeichnung, Tusche und Kreide“, mit nahezu den gleichen Maßen wie dem vorliegenden Aquarell um selbiges handelt, kann nicht verifiziert werden, ist jedoch wahrscheinlich. Das Blatt wurde in den letzten Jahrzehnten u. a. bei Bonhams, Millon - Cornette de Saint Cyr und Hampel eingegeben.
Adolf Schill, Blick in das nördliche Querhaus von San Marco mit Säule und byzantinischem Weihwasserbecken, 1886, Aquarell über Bleistift mit Gouache, aufgezogen auf Karton, 44.8 x 33.5 cm, unsigniert, ungerahmt. Aus dem Nachlass des Künstlers.
Das Bild wurde aufwendig in Museumsqualität mit einem neuen Passepartout (80 x 60 cm) der Firma HALBE ausgestattet. Ein passender Rahmen mit Museumsglas (entspiegelt, sehr hoher UV-Schutz, antistatisch, abriebbeständig) der Firma HALBE kann auf Wunsch beschafft werden.
Adolf Schill, View of the Northern Transept in San Marco with a Column and a Byzantine Holy Water Font, 1886, watercolor, pen and gouache, mounted on cardboard, 44.8 x 33.5 cm, not signed, unframed. From the artist’s estate.
The picture was provided – in museum quality – with a new passe-partout (80 x 60 cm) of the company HALBE. A fitting frame – in museum quality – with museum glass (anti-reflective, very high UV protection, anti-static, abrasion resistant) of the company HALBE can be provided on request.
Adolf Schill (1848 Stuttgart – 1911 Düsseldorf) prägte als Architekt, Innenarchitekt, Entwerfer von kunstgewerblichen Objekten und Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie die Spätphase der Düsseldorfer Malerschule, vor allem gilt er aber neben Adolf Seel (siehe oben) als einer der bedeutendsten Architekturmaler seiner Zeit.
Nach dem Besuch des Polytechnikums Stuttgart ist er am Bau des Wiener Ringtheaters unter Emil von Förster (1838–1909) beteiligt bevor er eine zweijährige Studienreise durch Italien unternimmt – ein Land, das ihn ein Leben lang immer wieder auf Reisen faszinieren wird. Ab 1876 ist er Redakteur der Zeitschrift Gewerbehalle, 1880 (und bis zu seinem Tod 1911) wird er Professor für Dekoration und Ornamentik an der Kunstakademie Düsseldorf. Dort unterrichtet er Generationen an Studierenden – zu seinen bedeutendsten Schülern gehören der Maler Alfred Sohn-Rethel (1875–1958) und der Bildhauer Wilhelm Lehmbruck (1881–1919). Aus der 1882 geschlossenen Ehe mit der aus einer wohlhabenden Bankiersfamilie stammenden Emilie Simons (1858–?) – die Elberfelder Villa Köhler/Simons ist bis heute in Simonsschen Familienbesitz – geht u. a. die Malerin Lore Uphoff-Schill (1890–1968) hervor. Schill war u. a. Mitglied im Künstlerverein Malkasten und war häufig Jury-Mitglied bei öffentlichen Ausschreibungen für Denkmale, Neubauten und Innenausstattungen. Nach seinem Tod wurde ihm 1912 eine große Gedächtnisausstellung gewidmet.
Künstlerisch tat sich der vielseitig begabte Adolf Schill auf verschiedenen Gebieten hervor. Als Architekt ist für die Zeitschrift Die Werkstatt der Kunst (11.1911/12) sein „bedeutendstes Werk […] die architektonische Ausgestaltung der Rheinbrücke zu Düsseldorf.“ Auch der Bau der Villa Leiffmann für Moritz Leiffmann (1853–1921), den Mitbegründer des Bankhauses B. Simons & Co. – Verwandtschaft von Schills Frau Emmy –, ein von großen Parkanlagen umgebenes palastartiges Haus am Düsseldorfer Rheinufer, das ein Mittelpunkt glanzvoller Geselligkeit in der Vorkriegszeit war, ist ein Highlight. Als Kunstgewerbler entwirft er den silbernen Tafelschmuck, den die preußische Rheinprovinz und die Provinz Westfalen dem deutschen Kronprinzenpaar zu seiner Hochzeit 1881 schenken und von dem das Kunstgewerbeblatt (19.1908) schwärmt, dass dieser Tafelschmuck „noch in jüngster Zeit allseitige begeisterte Anerkennung gefunden“ habe.
Im Lauf der Zeit etabliert sich Adolf Schill ebenfalls immer mehr als Maler und stellt u. a. erfolgreich in Berlin, Dresden und Düsseldorf aus. Die Zeitschrift Die Kunst für alle (23.1907/08) lobt anlässlich der Deutsch-nationalen Kunstausstellung Düsseldorf 1907: „Seltenen Genuß bieten auch die Aquarelle von Adolf Schill.“ Bereits schreibt die renommierte Zeitschrift Kunstchronik (23.1888) anlässlich einer Düsseldorfer Ausstellung 1888: „Die außerordentlich reiche Kollektion von Aquarellen, welche Adolf Schill ausgestellt hat, bildet den Übergang von der Landschaft zur Architektur. Seit jener Ausstellung von Architektenzeichnungen in Berlin am Kantianplatze, die einen ungeahnten Einblick in die künstlerische Thätigkeit der deutschen Baupraktiker gewährte, steht Schills hervorragende Bedeutung als Aquarellist außer jedem Zweifel. Es war insbesondere die kühne und freie Beherrschung der Technik, die Kraft der malerischen Auffassung, welche schon damals seinen hier zum Teil wieder erscheinenden Arbeiten die Beachtung vor allen andern sicherte. Seit jener Zeit hat sich der Künstler mit dem besten Erfolg an immer größere und weiter umfassende Aufgaben gewagt. Er ist heute ebenso sehr Architekturmaler wie Architekt, und scheint gesonnen, auch den Landschaftern Konkurrenz zu machen.“
Schill schuf mehrere Ansichten der Basilika von San Marco in Venedig. Am bekanntesten ist das 1904 von Kaiser Wilhelm II. (1859–1941) auf der Großen Berliner Kunstausstellung erworbene Aquarell In der Markuskirche, das jedoch schon 1912 bei Lempertz weiterverkauft wurde. Das hier angebotene Aquarell, das so wie andere in San Marco gefertigte Arbeiten während eines Venedig-Aufenthaltes 1886 entstanden sein dürfte, spiegelt Adolf Schills ganz individuellen Zugang zu dem hyperprominenten Bau des Markusdomes, nämlich aus der Sicht eines gleichfalls als Architekt und Kunstgewerbeentwerfer tätigen Architekturmalers.
Daher zeigt das Blatt keine der üblichen Standardansichten von San Marco, sondern offeriert den Blick aus dem nördlichen Querhaus in Richtung des Langhauses, das selbst jedoch nicht zu sehen ist. Stattdessen ist im Hintergrund eine marmorne Wanddekoration und rechts der Durchgang zum Atrium mit der Porta dei Fiori zu erkennen. Den absoluten Mittelpunkt der Darstellung bildet jedoch der Mosaikboden mit cosmatesken Elementen aus dem frühen 12. Jahrhundert, die charakteristisch gemaserte Marmorsäule auf ihrem Postament und vor allem das außergewöhnliche Weihwasserbecken, das auf eine kurze Marmorsäule gesetzt wurde. Wohl byzantinischen Ursprungs, besticht es durch die Anbringung von vier Engeln mit Flügeln, die mit ausgestreckten Armen ein durchlaufendes Reliefband tragen. Das ganz persönliche Interesse Schills an architektonischen und dekorativen Formen führt zu dieser außergewöhnlichen Ansicht und macht das hier angebotene Aquarell zu etwas Einzigartigem.
Die Kunstwerke dieser Kategorie umfassen den zeitlichen Rahmen des sogenannten Langen 19. Jahrhunderts, das heißt, gemäß der von dem Historiker Eric Hobsbawm (1917–2012) eingeführten und mittlerweile etablierten Vorstellung von einer zusammengehörenden Entwicklung von der Französischen Revolution 1789 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914. Gerade um 1900 überlagern sich eine Vielzahl an Kunstströmungen. Die innovativeren unter diesen erscheinen in der Kategorie Kunst der Moderne oben, die akademischen und bürgerlich-konservativen Stilauffassungen, die sich teilweise noch weit in das 20. Jahrhundert fortführen, werden hier der Kategorie Kunst des 19. Jahrhunderts zugeordnet. Die weiblichen Kunstschaffenden dieses Zeitraums finden sich in einer eigenen Kategorie.
Emil Keyser, Sitzende alte Bäuerin mit Korb, um 1900, Öl auf Malpappe, 29 x 26 cm, signiert unten rechts "E. Keÿser.", auf Rückseite u. a. Auktionsnummern
Emil Keyser, Sitting old Peasant Woman with a Basket, c. 1900, oil on cardboard, 29 x 26 cm, signed lower right "E. Keÿser.", recto i. a. diverse auction numbers
Der Schweizer Emil Keyser (1846 Stans/Nidwalden – 1923 München), Sohn des Malers Heinrich Keyser (1813–1900), erhielt seine künstlerische Ausbildung zunächst an der Großherzoglich Badischen Kunstschule in Karlsruhe bei den bedeutenden Lehrmeistern Karl Friedrich Schick (1826–1875) und Ludwig Des Coudres (1820–1878), bevor er von 1866 bis 1869 an der Akademie der Bildenden Künste München bei Wilhelm von Diez (1839–1907) studierte. Nach einigen daran anschließenden Reisen durch ganz Europa ließ er sich dauerhaft in München nieder, wo er Mitglied der Münchner Künstlergenossenschaft wurde. Er war verschwägert mit den Malern Martin von Feuerstein (1856–1931) und Ernst Zimmermann (1852–1901).
Bekannt war Keyser vor allem für seine uns heute etwas süßlich vorkommenden genrehaften Kinderdarstellungen, die er oftmals in einer landschaftlichen Szenerie platzierte. Diese waren jedoch damals sehr beliebt und wurden vielfach in den populären Kunstzeitschriften wie Die Gartenlaube oder Über Land und Meer reproduziert. Seine Werke finden sich u. a. in Basler Sammlungen und in den Münchner Pinakotheken. Einst besaß auch Prinzregent Luitpold von Bayern (1821–1912) drei Bilder Keysers.
Die hier angebotene Ölstudie auf Malpappe, 1991 erstmals auf dem Kunstmarkt nachweisbar, ist insofern besonders, da sie thematisch aus dem oben beschriebenen Œuvre heraussticht. Zu sehen ist eine alte Bäuerin, die sich für einen kurzen Moment der Rast auf einem Stuhl niedergelassen hat. Sie ist vom harten arbeits- und entbehrungsreichen Leben gezeichnet, was sich beispielsweise in der Erschöpfung ausdrückenden Haltung des Kopfes und den verknöcherten großen Händen zeigt, die Keyser in den Mittelpunkt des Bildes rückt. Vor ihr ist ein leerer Korb sichtbar, der Hintergrund wird gebildet durch eine farbenfroh grüne Wiese und eine graue Mauer dahinter. Die Darstellung hat nichts Idealisierendes, sondern entspricht dem Realismus der Schule von Barbizon, mit der Keyser auf seinen Reisen in Berührung gekommen sein muss. Die locker-pastose Malweise weist ebenfalls in diese Richtung.
© 2025 scholz and art
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